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Wichtige Urteile, auf das Wesentliche beschränkt und ständig erweitert.

Die Originalurteile finden Sie durch den Aufruf der Gerichtswebseite und die Eingabe von Aktenzeichen und Datum.

Die Urteilssammlung stellt keine Rechtsberatung dar und kann eine solide und ausführliche Beratung nicht ersetzen, bei Rückfragen berate ich Sie gern.

 

Arbeitsrecht

Wirksamkeit eines notariellen Schuldanerkenntnisses

Alleinerziehende Betriebsratsmitglieder und Kinderbetreuungskosten

Betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz

Eingeschränkte Zulagen an schwangere Arbeitnehmerinnen

Keine Altersdiskriminierung durch beschränktes Angebot von Aufhebungsverträgen

Betriebszugehörigkeit vor dem 25. Lebensjahr muss berücksichtigt werden

Schadensersatz wegen Diskriminierung eines schwarzafrikanischen Paares

Keine Leistungsklage auf Abfindung aus vereinbarten Sozialplan

Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen nicht tariffähig

Weg zum Mittagessen steht unter dem Schutz der Unfallversicherung

Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt außerordentliche Kündigung

Haftungsbeschränkung bei Arbeitsunfällen ist verfassungsgemäß

Sperrzeit nach Vereinbarung von Altersteilzeit

Vereinbarung untertariflicher Arbeitsbedingungen während der Laufzeit des Tarifvertrages sind unwirksam

Unterschiedliche Behandlungen bei Lohnerhöhungen bedürfen eines Sachgrundes

Notwendige Angaben bei Probezeitkündigung

Beweisverwertungsverbot beim Mithören von Telefongesprächen

Arbeitgeber dürfen in Arbeitszeugnissen keine Auskünfte zu den Leistungen des Arbeitnehmers anbieten

Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Zeugniserstellung setzt vorherige Mahnung voraus

Abmahnung muss konkret sein

Abmahnung wegen Weigerung an einem Personalgespräch teilzunehmen

Der Name des Arbeitnehmers muss im Zeugnis richtig sein

Begrenzung des Kindesunterhalts löst keine Freistellungsverpflichtung eines Elternteils aus

Vorzeitige Beendigung und Übertragung von Elternzeit

Sonderkündigungsrecht für Abfallbeauftragte

Höheres Insolvenzgeld trotz Lohnverzichtes

Arbeitskleidung - Kostenpauschale - Pfändungsschutz

Umsetzung des EuGH-Urteils zum Urlaub

Gewerkschaftswerbung per Email

Problematische Änderungskündigung

Betriebliche Versorgungszusagen

Klauseln über die Rückzahlung von Fortbildungskosten

Wiederholtes Zuspätkommen zur Arbeit rechtfertigt Kündigung

Detektivkosten bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit 

Rechtsschutzversicherer muss auch bei Kündigungsandrohung einstehen

Die bittere Pille der Altersteilzeit

Gruppenbildung bei Sozialausfall verstößt nicht gegen das AGG

Auskunftsanspruch bei Altersdiskriminierung

Videoüberwachung im Betrieb

Betriebsübergang

Kappungsgrenze in der betrieblichen Altersversorgung

Internet für Betriebsrat

Beweislast für tarifliche Tätigkeitsmerkmale

Arbeitgeber müssen keine arbeitsunfähigen Arbeitnehmer beschäftigen

Keine Angemessenheitsprüfung bei Probezeitkündigung

Arbeitszeugnisse müssen branchenübliche Formulierungen enthalten

Betriebsrisiko in einem witterungsabhängigen Unternehmen

Kündigung eines Busfahrers wegen Entzuges der „betrieblichen Fahrerlaubnis" rechtswidrig

Marathonlauf trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit

Entgeltfortzahlung bei Freistellung des Arbeitnehmers

Kündigung leistungsschwacher Arbeitnehmer

Kündigung per Fax

Praktikantenvergütung

Kündigungsschutzklage

 

Wirksamkeit eines notariellen Schuldanerkenntnisses

Ein Arbeitnehmer hatte zugegeben, als Einzelhandelskaufmann im Zusammenhang mit Pfandgeldern täglich zeitweise zwischen € 500.-- und € 600.-- aus der Kasse entnommen zu haben, indem er fingierte Pfandbonzettel verwendete. Als der Arbeitgeber einen entsprechenden Verdacht hatte, installierte er eine für den Kläger nicht erkennbare Videokamera über seinem Arbeitsplatz und kontrollierte intensiv die Kassenauswertung. Im Beisein des Betriebsratsvorsitzenden wurde der Arbeitnehmer mit dem Ergebnis der Auswertung konfrontiert. Er gab zu, seit vier Jahren regelmäßig Geld entnommen und durch Pfandbonzettel verdeckt zu haben. Anfänglich habe er kleinere Beträge entnommen, die nicht aufgefallen seien, zeitweise zwischen € 500.-- und € 600.-- täglich. Der Kläger bestätigte handschriftlich innerhalb von vier Jahren einen Gesamtschaden von wenigstens € 110.000.-- verursacht zu haben. Nach diesem Geständnis veranlasst der Arbeitgeber den Kläger in die benachbarte Großstadt zu fahren, wo der Kläger ein von einem Notar formuliertes Schuldanerkenntnis wegen der vorsätzlich unerlaubten Handlung über einen Betrag von € 113.750.-- zuzüglich Zinsen unterschrieb.  Ihm wurde Ratenzahlung in Höhe von € 200.-- monatlich eingeräumt, er unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Ca. ein halbes Jahr später ließ der Kläger seine Erklärung im notariellen Schuldanerkenntnis aus allen Gesichtspunkten anfechten und verlangte klagweise die Urkunde wegen Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts heraus. Die Klage blieb bis zum Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg, Einwände gegen die Höhe des von ihm verursachten Schadens oder gegen die Art und Weise, wie er überführt wurde, könne der Kläger gegen das notarielle Schuldanerkenntnis nicht ins Feld führen. Mit Unterzeichnung dieses Anerkenntnisses seien solche Einwände aufgegeben worden. Der Inhalt der notariellen Urkunde stelle sich nicht als sittenwidrig dar, zwar sei die Summe hoch im Verhältnis zum vorausgegangenen Geständnis des Klägers und zu den Feststellungen, die die Beklagte gemacht hatte, sei der Schadensbetrag aber vorsichtig kalkuliert. Die Beklagte habe auch keine Unerfahrenheit des Klägers ausgenutzt. Die Drohung mit einer Strafanzeige erscheine angesichts des vom Kläger selbst eingeräumten Sachverhalts nicht als unverhältnismäßig. Er könne deshalb ein unterzeichnetes notarielles Schuldanerkenntnis nicht erfolgreich mit solchen Argumenten angreifen, die vor Unterschrift gegen die Forderung des Gegners hätten erhoben werden können.

BAG, Urteil vom 22. Juli 2010, 8 AZR 144/09

 

Alleinerziehende Betriebsratsmitglieder und Kinderbetreuungskosten

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Betriebsratsmitglieder, die mehrtägig auswärts tätig sind, die Kosten für die Fremdbetreuung ihrer minderjährigen Kinder vom Arbeitgeber erstattet werden muss. Das Bundesarbeitsgericht stützt sich auf die verfassungskonforme Auslegung von § 40 des Betriebsverfassungsgesetzes in Verbindung mit Artikel 6 des Grundgesetzes. Der Vorsitzende eines Betriebsrates musste an insgesamt 10 Tagen jeweils mehrtägigen Sitzungen des Gesamtbetriebsrates beiwohnen. Die Sitzungen fanden in Hamburg statt, mehr als 500 km vom Wohnort der Betriebsrätin entfernt. Sie ist alleinerziehende Mutter von drei in ihrem Haushalt lebenden Kindern, zwei waren mit 11 und 12 Jahren noch minderjährig. Sie ließ diese für € 30.-- pro Tag und Kind durch eine dritte Person betreuen und verlangte diese Kinderbetreuungskosten von insgesamt € 600.-- vom Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht sprach diese Kosten zu mit der Begründung, das Betriebsratsmitglied sei in einem solchen Fall in einer Pflichtenkollision zwischen seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und der Pflicht zur elterlichen Personensorge aus Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz. Durch die gleichzeitige Erfüllung beider Pflichten dürfe der Betriebsrätin kein Vermögensopfer entstehen. Unter diesen Umständen seien entsprechende Kosten vom Arbeitgeber zu erstatten.

BAG Urteil vom 23. Juni 2010, 7 ABR 103/08

 

Betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz

Das Bundesarbeitsgericht hatte hier einen interessanten Fall zu entscheiden. Der inzwischen insolvente Arbeitgeber des Beklagten hatte diesem eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersvorsorge zugesagt. Im Versicherungsvertrag war geregelt, dass das Bezugsrecht nicht widerruflich sei, es sei denn, der Arbeitnehmer scheide aus dem Arbeitsverhältnis aus, ohne dass die Voraussetzungen der Unverfallbarkeit nach dem BetrAVG vorlägen. Der klagende Insolvenzverwalter war der Auffassung, dass die Rechte aus der Direktversicherung nunmehr der Masse zustünden, er verklagte den Beklagten auf Zustimmung zur Freigabe eines bei der Hinterlegungsstelle hinterlegten Betrages. Während er beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht erfolgreich klagte, wurde die Revision des Beklagten angenommen und vom Bundesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es führt aus, der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zustimmung zur Freigabe des hinterlegten Betrages. Die Klausel im Versicherungsvertrag sei entsprechend dem Betriebsrentenrecht auszulegen, danach ende das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs nicht. Der Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses sei für den Erwerb gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften auch im Insolvenzrecht erheblich. Es lägen deshalb die Voraussetzungen eines "Ausscheidens" nicht vor, wenn ein Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf einen anderen Arbeitgeber übergehe. In einem solchen Fall könne der Verwalter die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nicht in Anspruch nehmen und damit den Rückkaufswert nicht zur Masse ziehen.

BAG, Urteil vom 15. Juni 2010, 2 AZR 334/06

 

Eingeschränkte Zulagen an schwangere Arbeitnehmerinnen

Dem Europäischen Gerichtshof war die Frage vorgelegt worden, ob aufgrund ihrer Schwangerschaft beurlaubten oder an einem anderen Arbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmerinnen das monatliche Grundentgelt und alle Zulagen, die an ihre berufliche Stellung anknüpfen, zustehen. Der Europäische Gerichtshof hatte dabei verschiedene Entscheidungen aus Österreich und Finnland zum Anlass für eine grundsätzliche Einordnung genommen. Entschieden wurden Fälle einer Ärztin, die wegen des Infektionsrisikos einen Teil der Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte, sowie eine Kabinenchefin bei einer Fluggesellschaft, die in gleicher Weise nur eine Bürotätigkeit am Boden während der Schwangerschaft ausüben konnte. Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass auf Zulagen und Vergütungen, mit denen Nachteile ausgeglichen werden sollen, die mit der Ausübung bestimmter Tätigkeiten unter besonderen Umständen verbunden sind, kein Anspruch besteht, wenn diese Tätigkeiten tatsächlich nicht ausgeübt werden. Bestes Beispiel ist die sogenannte Schmutzzulage, die in bestimmten Bereichen bezahlt wird. Sie soll auch einer Schwangeren nur dann zustehen, wenn sie entsprechende "schmutzige Tätigkeiten" ausübt. Der Europäische Gerichtshof verweist darauf, dass die Richtlinie, die Beurteilungsgrundlage sei, daran anknüpft, wie erkrankte Arbeitnehmerinnen behandelt würden. An diese würden entsprechende Zulagen ebenfalls nicht auszuzahlen seien. Insofern liegt keine gegen die Richtlinie verstoßene Praxis vor.

EuGH, Urteil vom 01. Juli 2010, C 194/08 und C 471/08

 

Keine Altersdiskriminierung durch beschränktes Angebot von Aufhebungsverträgen

Der 1949 geborene Kläger ist seit 1971 bei der Beklagten beschäftigt. Im Juni 2006 gab die Beklagte bekannt, dass Arbeitnehmer der Jahrgänge 1952 und jünger gegen Zahlungen von Abfindungen freiwillig aus dem Betrieb ausscheiden könnten. Die Abfindungshöhe richtete sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Höhe des monatlichen Entgelts. Der Arbeitgeberbetrieb behielt sich dabei vor, den Wunsch von Arbeitnehmern gegen Abfindung auszuscheiden im Einzelfall auch abzulehnen. Der Kläger forderte die Beklagte auf, auch ihm ein Angebot zu unterbreiten. Dies wies der Arbeitgeber zurück. Der Kläger verlangt im Wege der Klage von der Beklagten ihm ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu unterbreiten, welches eine Abfindung in Höhe von rund € 170.000.-- beinhalten soll. Die Klage blieb in allen Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Die Klage war im wesentlichen auf das AGG gestützt, welches eine Diskriminierung wegen Alters verbietet. Zweck des Gesetzes, so führt das BAG aus, sei es, älteren Arbeitnehmern den Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. Es zwinge deshalb Arbeitgeber gerade nicht dazu, im Rahmen eines geplanten Arbeitsplatzabbaus auch älteren Arbeitnehmern die Aufgabe der Beschäftigung zu ermöglichen. Dies würde dem Gesetzeszweck gerade zu entgegen laufen. Auch unter dem Gleichbehandlungsgesichtspunkt verwies das BAG darauf, dass dem Kläger der Nachweis nicht gelungen sei, dass die Beklagte von der ihr selbst aufgestellten Regel abgewichen sei und auch älteren Arbeitnehmern Abfindungsangebote unterbreitet habe. Die Klage wurde dementsprechend insgesamt abgewiesen.

BAG, Urteil vom 25. Februar 2010, 6 A ZR 911/08

 

Betriebszugehörigkeit vor dem 25. Lebensjahr muss berücksichtigt werden

Der EuGH hat seine bisherige Rechtsprechung zum Fall Mangold fortgesetzt und über die Anrechnung von Beschäftigungszeiten erneut entschieden.

Nach dem deutschen Arbeitsrecht verlängern sich die vom Arbeitgeber anzuwendenden Kündigungsfristen mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses. Dabei werden jedoch Zeiten, die vor dem 25. Lebensjahr des Arbeitnehmers liegen, nicht angerechnet.

Die seit dem 18. Lebensjahr tätige Klägerin war im Alter von 28 Jahren von ihrem Arbeitgeber entlassen worden. Dieser berücksichtigte nur die drei Jahre seit der Vollendung des 25. Lebensjahres absolvierten Arbeitsjahre, nicht die insgesamt 10 Jahre der tatsächlichen Beschäftigung. Die Arbeitnehmerin rügte die Gültigkeit der Kündigungsfristen und wies darauf hin, dass eine Diskriminierung wegen Alters vorliege.

Der EuGH stellt zunächst fest, dass die Bundesrepublik nach der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet gewesen wäre, europäisches Recht umzusetzen. Er stellt ferner fest, dass die Kündigungsregel des deutschen Zivilrechts eine Ungleichbehandlung enthalte, die auf dem Kriterium des Alters beruht. Diese Regelung sehe eine weniger günstige Behandlung von Arbeitnehmern vor, die ihre Beschäftigung bei einem Arbeitgeber vor Vollendung des 25. Lebensjahres aufgenommen haben. Sie behandelt damit Personen, die die gleiche Betriebszugehörigkeit haben, unterschiedlich, je nachdem, in welchem Alter sie in den Betrieb eingetreten sind. Zwar anerkennt der EuGH, dass die Ziele der Kündigungsregelung in einer Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik liegen, mit dem Ziel, eine größere personalwirtschaftliche Flexibilität zu schaffen. Dennoch hält der EuGH die in der unterschiedlichen Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten liegende Ungleichbehandlung für eine Altersdiskriminierung. Dabei erinnert der EuGH daran, dass eine Richtlinie nicht Selbstverpflichtungen für einen Einzelnen begründen könne. Der Grundsatz zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf wird jedoch in der Richtlinie nur konkretisiert, wobei das nationale Gericht die Auslegung des EuGH zu beachten hat.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass zukünftig eine Nichtberücksichtigung der Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr als gemeinschaftswidrig durch die deutschen Arbeitsgerichte nicht mehr erfolgen kann.

EuGH, Urteil vom 19.01.2010, C/555/07

 

Schadensersatz wegen Diskriminierung eines schwarzafrikanischen Paares

Ein schwarzafrikanisches Paar hatte sich wohnungssuchend im Jahr 2006 auf die Anzeige eines Wohnungsverwalters gemeldet, weil es nach Aachen umziehen wollte. Der Wohnungsverwalter vereinbarte einen Besichtigungstermin, diesen sollte die Hausmeisterin des Objekts durchführen. Die Hausmeisterin lehnte das afrikanische Paar mit den Worten ab, „die Wohnung werde nicht an Neger, Schwarzafrikaner oder Türken vermietet“. Das Ehepaar verlangte daraufhin mit Unterstützung des Gleichstellungsbüros der Stadt Aachen Schadensersatz und Schmerzensgeld.

In der ersten Instanz wurde der Anspruch abgewiesen. Das Oberlandesgericht Köln sprach dem Paar jetzt Schadensersatz in Höhe von rund 5.000,00 € zu. Es führt aus, dass durch die Verweigerung der Wohnungsbesichtigung und die Äußerung, die oben wiedergegeben wurde, die Hausmeisterin die Menschenwürde und damit die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der afrikanischen Mietinteressenten verletzt habe. Dabei wertete das Gericht sowohl die Bezeichnung als Neger wie die Verweigerung der Wohnungsbesichtigung als eine Verletzung der Menschenwürde des Paares. Die Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall ergebe auch, dass die Verletzung der Persönlichkeitsrechte auch rechtswidrig sei, da in der Nichtzulassung zur Wohnungsbesichtigung eine Ausgrenzung und Stigmatisierung des Paares als schwerwiegend anzusehen sei. Der Immobilienverwalter hatte sich damit verteidigt, die Äußerung der Hausmeisterin sei ihm nicht zuzurechnen. Dem tritt das Oberlandesgericht Köln entgegen. Die Hausmeisterin sei als Gehilfin des Verwalters für die Durchführung des Besichtigungstermins eingesetzt worden. Die Durchführung von Besichtigungsterminen habe zum Aufgabenkreis des Verwalters gehört. Wenn er sich hierzu der Hilfe der Hausmeisterin bediene, werde diese in seinem Pflichtenkreis tätig, so dass er auch für deren Verhalten hafte.

Das Oberlandesgericht Köln hat neben Schadensersatz für vergeblich aufgewendete Fahrtkosten auch ein Schmerzensgeld zugebilligt.

OLG Köln, Urteil vom 19.01.2010, 24 U 51/09

 

Keine Leistungsklage auf Abfindung aus vereinbarten Sozialplan

Das Bundesarbeitsgericht hat eine wichtige Frage im Bereich des Insolvenzrechts entschieden. Der Kläger war Arbeitnehmer in einem Autohaus über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er zeigte die Masseunzulänglichkeit an. Betriebsrat und der Beklagte vereinbarten nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus dem Sozialplan steht dem Kläger unstreitig ein Anspruch von rund € 18.000.-- brutto. Er nimmt im Wege der Leistungsklage den Insolvenzverwalter auf Zahlung der Sozialplanabfindung in Anspruch, hilfsweise begehrt er die Feststellung des Abfindungsanspruchs. Seine Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht stellt dazu fest, dass Forderungen aus einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplan Masseforderungen darstellen, die nach § 53 der Insolvenzordnung vorweg zu befriedigen sind. Nach § 123 Abs. 3 Satz 2 der Insolvenzordnung stehe jedoch fest, dass eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung schlechthin unzulässig sei. Dies gelte auch für Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung aus einem vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit abgeschlossenen Sozialplan. § 123 Abs. 2 setze insofern eine relative Obergrenze für Sozialplanansprüche. Danach dürfe, außer in den Fällen des Zustandekommens eines Insolvenzplans, für die Berechtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als Drittel der Masse verwendet werden, die ohne den Sozialplan für die Verteilung an Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Würde diese Grenze überschritten, seien die einzelnen Sozialplanforderungen anteilig zu kürzen. Hieraus folge nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts, dass im Falle der Masseunzulänglichkeit keine Sozialplanansprüche bestünden. Solche Ansprüche seien lediglich letztrangige Masseforderungen, die bei einer Verteilung nach § 209 Insolvenzordnung keine Rolle spielten. Einer Leistungsklage fehle deswegen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil ein entsprechender Leistungstitel dauerhaft keine Vollstreckungsgrundlage wäre. Auch das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse läge nicht vor, weil der Insolvenzverwalter den Sozialplananspruch weder dem Grunde nach noch der Höhe nach in Frage stelle.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Januar 2010, AzR 785/08

 

Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen nicht tariffähig

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen als nicht tariffähig angesehen, gegen den Beschluss jedoch die Rechtsbeschwerde zum BArbG zugelassen.

Praxishinweis: Wer einen Arbeitgeber hat, der sich auf einen Tarifvertrag mit der Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen beruft, sollte sorgfältig prüfen, ob er möglicherweise höhere Lohnansprüche durchsetzen kann, wenn festgestellt würde, dass die Tarifgemeinschaft nicht tariffähig ist. Ein Berufen im Prozess ist hier sinnvoll und notwendig.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, 23 TaBV 1016/09

 

Weg zum Mittagessen steht unter dem Schutz der Unfallversicherung

Das Landessozialgericht Rheinland- Pfalz hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der Weg zur Essensaufnahme unter Mittag vom Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaft gedeckt sei. Der Kläger war Steinmetzgehilfe und bei einer Firma beschäftigt, auf deren Betriebswohnung er seine eigene Wohnung hatte. Eine Betriebskantine existierte nicht. Während seiner 30minütigen Mittagspause fuhr er mit dem Motorrad zu seiner damaligen Freundin um mit ihr Mittag zu essen. Er verunglückte und wurde erheblich verletzt. Gegenüber der zuständigen Berufsgenossenschaft erklärte der Kläger er sei trotz der knappen Zeit zur Freundin gefahren, weil ihm die Zeit mit ihr wichtiger sei, als mit Kollegen. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Unter Berücksichtigung der Fahrzeit verblieben nur wenige Minuten zur Essensaufnahme. Die Berufsgenossenschaft begründete ihre Ablehnung auch damit, dass die Entfernung zur Wohnung der Freundin unverhältnismäßig weit im Verhältnis zur Mittagspause gewesen sei. Nach Anhörung des Klägers und Vernehmung der Freundin verurteilte das Sozialgericht Koblenz die Berufsgenossenschaft zur Entschädigung des Unfalls als Arbeitsunfall. Das Landessozialgericht wies die hiergegen erhobene Berufung zurück. Es führt aus, dass Unfallversicherungsschutz grundsätzlich auch auf dem Weg zur Aufnahme des Mittagsessen bestehe, die der Erhaltung der Arbeitskraft diene. Selbst wenn der Besuch der Freundin ebenfalls eine Motivation für die Fahrt zu ihr gewesen sei, so entspräche es jedoch den weit verbreiteten Gepflogenheiten und der Lebenswirklichkeit das Mittagessen in selbst gewählter und angenehmer Gesellschaft einzunehmen. Der Weg zur Einvernahme des Mittagsessen sei jedoch versichert. Hier sei der Weg nicht soweit gewesen, dass das Mittagsessen bereits aufgrund der Fahrtdauer als unwesentliche Mitursache qualifiziert werden könne. Einem Arbeitnehmer könne grundsätzlich auch nicht vorgeschrieben werden, wie er seine zur freien Verfügung stehende Arbeitspause einteile. Auch bestehe eine zeitliche Obergrenze des Verhältnisses zwischen Wegezeiten und Essensaufnahmezeiten nicht. Entscheidend könne allein sein, ob möglicherweise ein anderer Grund für den Weg vorliege. Dies sei vorliegend nicht der Fall, so dass der verunfallte Arbeitnehmer Anspruch auf Anerkennung als Berufsunfall habe.

LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 18. Oktober 2009, Az.: L 2 U 105/09

 

Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt außerordentliche Kündigung

Der über 50 Jahre alte Kläger war seit 20 Jahren beim Beklagten als Schweißer beschäftigt. Nachdem der Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt hatte, meldete sich der Kläger krank. Einige Wochen später schaltete der Beklagten einen Detektiv ein, der beim Kläger nachfragte, ob er Innenausbautätigkeiten "schwarz" erledigen könne. Der Kläger bot seine Arbeitsleistung an. Als dies der Beklagte erfuhr, kündigte er wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit dem Kläger fristlos. Neben dem Beschreiten des Angebots trug der Kläger im Verfahren vor, dem Arbeitgeber sei nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums kein Schaden entstanden. Das Landesarbeitsgericht Hessen folgte dieser Argumentation nicht. Es führt aus, dass durch das Angebot schwere körperliche Arbeiten im Innausbau zu leisten, der Beweiswert der von ihm vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sei,. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht habe. Dies stelle eine erhebliche Vertragspflichtverletzung dar, die auch ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertige. Dies gelte selbst dann, wenn der Entgeltfortzahlungszeitraum schon abgelaufen war, weil ein unredliches Verhalten des Arbeitnehmers vorliege, der das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber zerstören könne. Selbst eine Interessenabwägung könne nicht zu Gunsten des Klägers ausfallen. Der langen Betriebszugehörigkeit, seines Alters und seiner Unterhaltspflichten stehe das schützenwerte Interesse des Arbeitgebers gegenüber der übrigen Belegschaft deutlich zu machen, dass er solche Täuschungshandlungen nicht dulde.

Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil vom 01. April 2009, Az.: 6 Sa 1593708

 

Haftungsbeschränkung bei Arbeitsunfällen ist verfassungsgemäß

Arbeitsunfälle bereiten in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten. Im entschiedenen Fall war die Klägerin in einer Tierarztklinik der Beklagten als Tierpflegerin beschäftigt. Sie hatte auf Weisung des Tierarztes einen widerspenstigen Kater eingefangen, der untersucht und kastriert werden sollte. Bei dem Versuch, das Tier festzuhalten, wurde sie gebissen. Eine Infektion am Finger führte dazu, dass sie ein künstliches Fingermittelgelenk eingesetzt erhalten musste. Sie nahm ihren Arbeitgeber auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch.

Sowohl das Arbeitsgericht als das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab.

§ 101 Abs. 1 SGB VII regelt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen nur dann auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld haftet, wenn er den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Vorschrift, die schon aus der Reichsversicherungsordnung übernommen wurde, soll dazu dienen, Konflikte im Betrieb zu vermeiden. Als Ersatz dafür steht dem Arbeitnehmer die gesetzliche Unfallversicherung zu, die zwar kein Schmerzensgeld zahlt, jedoch ein verlässlicher Schuldner für Rentenleistungen ist.

Das Landesarbeitsgericht Hessen stellt zum vorliegenden Fall fest, dass der Arbeitgeber den Schadensfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. Ob eine fahrlässige Begehungsweise vorlag, braucht nicht entschieden zu werden. Es führt aus, dass die Haftungsbeschränkungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Sie habe ihren Grund darin, dass Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünden. Hierbei würden Arbeitnehmer zwar mitunter schlechter gestellt, als unbeteiligte Dritte, da die Haftungsbeschränkung einen Schmerzensgeldanspruch ausschließe. Zum Ausgleich stehe aber mit der jeweiligen Berufsgenossenschaft ein stets solventer Schuldner zur Verfügung. Das Ziel, Konflikte im Betrieb aufgrund zivilrechtlicher Haftungsfragen zu vermeiden, überrage das Schutzinteresse der Klägerin.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 14.07.2009, 13 Sa 2141/08

 

Sperrzeit nach Vereinbarung von Altersteilzeit

Das Bundessozialgericht hat sich mit Fragen der Altersteilzeit beschäftigt. Der 1942 geborene Kläger stand bis Ende September 2005 in einem Arbeitsverhältnis. Er hatte im November 2001 Altersteilzeit vereinbart, durch die das bis dahin unbefristete Arbeitsverhältnis ab 01.04.2002 in ein bis 30.09.2005 befristetes Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitsphase bis Ende 2003 und einer anschließenden Freistellungsphase umgewandelt worden war. Für die Zeit ab 01.10.2005 beantragte der Kläger Arbeitslosengeld, das ihm mit Hinweis auf eine freiwillige Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 144 SGB III von der Bundesagentur für Arbeit verweigert wurde.

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat die Sache aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Untergerichte zurückverwiesen.

Das Bundessozialgericht führt in seiner Entscheidung aus, dass die ablehnende Entscheidung des Landessozialgerichts keinen Halt haben könne, es müsse vielmehr aufgeklärt werden, ob der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund hatte, die Altersteilzeitvereinbarung zu treffen. Ein solcher wichtiger Grund könnte beispielsweise darin bestehen, dass der Kläger bei der Vereinbarung einer drohenden rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung zuvor kam.

Fazit: Grundsätzlich ist bei der Vereinbarung der Altersteilzeit ergänzend immer daran zu denken, dass möglicherweise die Bundesagentur sich auf einen Sperrzeittatbestand beruft. Dies sollte in die Überlegung bei Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung mit einbezogen werden.

BSG, Urteil vom 21.07.2009, B 7 AL 6/08 R

 

Vereinbarung untertariflicher Arbeitsbedingungen während der Laufzeit des Tarifvertrages sind unwirksam

Mit Urteil vom 01.07.2009 hat das Bundesarbeitsgericht zum wiederholten Mal festgestellt, dass ein Arbeitnehmer und ein Arbeitgeber, die beide tarifgebunden sind, während der Laufzeit eines Tarifvertrages keine untertariflichen Arbeitsbedingungen vereinbaren können.

In Zeiten einer schlechten Konjunktur besteht ein Interesse daran, dass einerseits Arbeitskräfte gehalten werden, andererseits die Kostenbelastung des Betriebes verringert wird. Dem hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung eine klare Abfuhr erteilt und einem Facharbeiter, der sich mit seinem Arbeitgeber auf die Herabsetzung des tariflichen Facharbeiterlohnes und eine Streichung des 13. Monatseinkommens geeinigt hatte, dennoch den Anspruch auf Zahlung des tariflichen Facharbeiterlohnes zugesprochen.

Das Bundesarbeitsgericht hat insofern darauf verwiesen, dass grundsätzlich auch schon vor Ablauf eines Tarifvertrages einzelvertraglich Verschlechterungen vereinbart werden können. Voraussetzung sei dafür aber, dass dies zeitnah zum Ablauf eines Tarifvertrages geschehe und dabei konkret die sich aufgrund der Nachwirkung ergebende Situation geregelt werden.

Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt, so dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf Zahlung des tariflichen Facharbeiterlohnes behalte.

BAG, Urteil vom 01.07.2009, 4 AZR 250/08

 

Unterschiedliche Behandlungen bei Lohnerhöhungen bedürfen eines Sachgrundes

Das Bundesarbeitsgericht hatte über den Fall eines beklagten Arbeitgebers zu entscheiden, der etwa 300 Arbeitnehmer beschäftigte. Er hatte von einer Vergütungserhöhung um 2,5% den Kläger und weitere 13 Mitarbeiter ausgenommen. Diese hatten im Jahre 2003/2004 sich nicht auf eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen eingelassen und unter anderem einer Reduzierung ihres Urlaubsanspruchs von 30 Tagen auf 25 Tagen sowie der Reduzierung des zusätzlichen Urlaubsgeldes nicht eingelassen. Der Arbeitgeber wollte deshalb die Lohnerhöhung nur weitergeben, wenn die betroffenen Arbeitnehmer die Vertragsverschlechterung im übrigen ebenfalls mittragen würden. Das Bundesarbeitsgericht kam nach Prüfung des Falles zu dem Ergebnis, dass der Kläger gegen seinen Arbeitgeber keinen Anspruch auf Zahlung der Lohnerhöhung hat. Zwar sei der Arbeitgeber grundsätzlich aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet seine Arbeitnehmer bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Deshalb durfte er auch im Falle einer freiwillig gewährten allgemeinen Lohnerhöhung Unterschiede nur aus sachlichen Gründen machen. Er darf dabei nicht einen Teil der Arbeitnehmer sachwidrig oder willkürlich von Vergünstigungen ausschließen. Dadurch jedoch, dass der Arbeitgeber mit der Lohnerhöhung den Einkommensverlust aus den Vorjahren teilweise ausglich, handelte er jedoch nicht sachwidrig oder willkürlich. Er hatte auf diese Motivation der Lohnerhöhung in dem Ankündigungsschreiben ausdrücklich hingewiesen. Das Bundesarbeitsgericht stellte mithin fest, dass keine vergleichbaren Sachverhalte der 14 Mitarbeitern gegenüber der Mehrzahl der sonstigen Mitarbeiter vorlag und wies die Klage des Klägers ab.

BAG, Urteil vom 15. Juli 2009,  5 AZR 486/08

 

Notwendige Angaben bei Probezeitkündigung

Das beklagte Land kündigte am Ende der 6-monatigen Probezeit das Arbeitsverhältnis des Klägers, weil es mit dessen Arbeitsleistung nicht zufrieden war. Der Personalrat wurde zuvor im einzelnen über die Kündigungsgründe unterrichtet. Eine Unterrichtung unterblieb jedoch über das Alter und die Unterhaltspflichten des Klägers.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben deshalb wegen der unzureichenden Personalratsanhörung der Kündigungsschutzklage des Klägers statt. Auf die Revision des beklagten Landes entschied jetzt der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts, dass es hierauf nicht ankomme. Die Klage wurde deshalb unter Aufhebung und Abänderung der Urteile der Vorinstanzen abgewiesen.

Unterhaltspflichten und Lebensalter seien, für den Personalrat erkennbar, in diesem Fall schon deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für den Kündigungsschutz des Arbeitgebers maßgeblich, weil nach § 1 des Kündigungsschutzgesetzes eine Kündigung innerhalb der 6-monatigen Wartezeit nicht der sozialen Rechtfertigung bedarf. Die Wartezeit diene mit Ausnahme von Missbrauchsfällen dazu, dem Arbeitgeber Gelegenheit zu geben, sich eine subjektive Meinung über Leistung und Führung des Arbeitnehmers zu bilden, die nicht einer Überprüfung nach objektiven Maßstäben unterlägen.

Im Falle eines aus Sicht des Arbeitgebers negativen Ergebnisses dieser Prüfung soll er das Arbeitsverhältnis frei kündigen können, ohne dass es auf entgegenstehende Interessen des Arbeitnehmers ankomme. Deshalb müsse der Arbeitgeber auch Sozialdaten dem Betriebsrat / Personalrat nicht mitteilen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.04.2009, 6 AZR 516/08

 

Beweisverwertungsverbot beim Mithören von Telefongesprächen

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jetzt erneut zur Frage zu äußern, ob ein Beweisverwertungsverbot bestehe, wenn eine im Raum befindliche Person durch Einschalten des Raumlautsprechers oder durch sonstiges Ermöglichen des Mithörens den Inhalt eines Telefongespräches als Zeuge bestätigen soll.

Das beklagte Zeitarbeitsunternehmen kündigte einer Arbeitnehmerin innerhalb der 6-monatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz. Zum Zeitpunkt der Kündigung war die Klägerin arbeitsunfähig. Die Klägerin hält die Kündigung für sittenwidrig und macht geltend, sie sei unmittelbar vor der Kündigung von der Personalsachbearbeiterin der Klägerin angerufen worden. Diese habe ihr mitgeteilt, sie solle trotz der Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit kommen, andernfalls müsse sie mit einer Kündigung rechnen. Das Unternehmen hat die behauptete Äußerung der Personalreferentin bestritten. Für die Richtigkeit ihrer Behauptung hatte die Klägerin sich auf das Zeugnis einer beim Telefonat anwesenden Freundin berufen, welche das Gespräch zufällig ohne ihr Wissen mitgehört habe.

Das Arbeitsgericht vernahm die Personalsachbearbeiterin als Zeugen und wies die Klage ab. Eine Vernehmung der Freundin der Klägerin hat es abgelehnt, weil insofern ein Beweisverwertungsverbot bestehe.

Die Klägerin hatte mit der Revision beim 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Dieses wies die Klage zur weiteren Sachaufklärung zurück. Unter Zugrundelegung des Prozessvortrages der Klägerin würde die Kündigung eine nach § 612 a BGB unzulässige Maßregelung darstellen.

Das Landesarbeitsgericht hätte auf die Vernehmung der Freundin der Klägerin als Zeugin nur verzichten können, wenn die Klägerin dieser zielgerichtet ermöglicht hätte, das Telefongespräch heimlich mitzuhören, beispielsweise, in dem heimlich ein Raumlautsprecher angeschaltet worden wäre. Hätte dagegen die Zeugin eher zufällig das Telefongespräch mitgehört, so liege eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht vor mit der Folge, dass ein Beweisverwertungsverbot nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht anzunehmen sei. Da das Landesarbeitsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil den Rechtstreit zur Sachaufklärung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

BAG, Urteil vom 23.04.2009, 6 AZR 189/08

 

Arbeitgeber dürfen in Arbeitszeugnissen keine Auskünfte zu den Leistungen des Arbeitnehmers anbieten

Einen interessanten Fall hatte das Arbeitsgericht Herford am 01.04.2009 zu entscheiden.

Der Kläger war bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellte die Beklagte ihm ein Zeugnis aus mit dem Hinweis, man stehe gern zukünftigen Arbeitgebern hinsichtlich von Rückfragen über Qualität der geleisteten Arbeit zur Verfügung.

Der Arbeitnehmer begehrte die Streichung dieses Satzes. Das Arbeitsgericht gab seiner Klage statt. Es führt aus, dass der Arbeitgeber mit dieser Formulierung den versteckten Hinweis anbiete, er könne über das Arbeitszeugnis hinaus weitere Auskünfte an Arbeitgeber erteilen. Die Formulierung verstößt nach Ansicht des Arbeitsgerichts Herford gegen § 109 Abs. 2 Satz 2 der Gewerbeordnung und muss ersatzlos gestrichen werden.

Ein solches Angebot sei derart ungewöhnlich und überraschend, dass dem Leser hiermit eine andere Aussage über die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers suggeriert werde, als es der Zeugnistext nahe lege.

Fazit: Schon in einer Entscheidung vom 12.08.2008 hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitszeugnisse branchenübliche Formulierungen enthalten müssen. Die Aufforderung, den Arbeitgeber anzurufen, ist sicherlich nicht branchenüblich. Das Urteil ist deshalb zu begrüßen.

Arbeitsgericht Herford, Urteil vom 01.04.2009, 2 Ca 1502/08

 

Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Zeugniserstellung setzt vorherige Mahnung voraus

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob der Arbeitnehmer wegen der verspäteten Erteilung eines Zeugnisses Schadensersatzansprüche gegen seinen früheren Arbeitgeber herleiten könne.

Vorausgegangen waren mehrere Zeugnisstreitigkeiten um Zwischenzeugnisse. Der Arbeitnehmer gab an, ein Bewerbungsgespräch bei einem neuen Arbeitgeber gehabt zu haben, der ihn zu einem zweiten Bewerbungsgespräch eingeladen habe, jedoch darauf bestanden habe, das letzte Arbeitszeugnis zu sehen.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zieht allgemeine Grundsätze heran. Es meint, dass auch Anspruch auf die Erteilung eines Zeugnisses einer Mahnung durch den Arbeitnehmer bedürfe, wenn er Schadensersatzansprüche geltend machen wolle. Es hat deshalb den Schadensersatzanspruch abgewiesen.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 01.04.2009, 1 Sa 370/08

 

Abmahnung muss konkret sein

Die Kündigung eines angestellten Pressefotografen wegen seines Auftretens in der Öffentlichkeit hat das Arbeitsgericht als unberechtigt beurteilt.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 1965 als angestellter Pressefotograf beschäftigt. In den Jahren 2004 und 2005 stritten die Parteien über Abmahnungen, deren Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt wurde.

Der Kläger wollte als Pressefotograf ein Eisenbahnunglück fotografieren. Er gab sich zwar auf Fragen der Polizei als Pressefotograf zu erkennen, zeigte aber seinen Presseausweis nicht vor. Er wurde deshalb des Unfallortes von der Polizei verwiesen. Die Polizei sprach einen Platzverweis aus, als dieser den Ort des Geschehens nicht verließ.

Die zuvor von ihm gefertigten Aufnahmen wurden im Presseerzeugnis veröffentlicht. Die Polizei informierte jedoch den Arbeitgeber über den Vorfall. Dieser sprach daraufhin die ordentliche Kündigung aus.

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, der Kläger habe zwar gegen seine Verpflichtung verstoßen, bei Erledigung seiner Arbeiten angemessene Umgangsformen zu wahren. Insbesondere hätte er seinen Presseausweis vorlegen müssen. In den vorausgegangenen Abmahnungen, die letztlich entfernt werden mussten, hatte die Beklagte dem Kläger jedoch keine hinreichend klaren und eindeutigen Verhaltensmaßnahmen angedient. In Abwägung zum langen Arbeitsverhältnis kam deshalb das Bundesarbeitsgericht zu dem Urteil, dass die Kündigung keinen Bestand haben konnte.

In einem Nebensatz verweist das Bundesarbeitsgericht darauf, dass in Ausnahmefällen auch bei sachlich nicht berechtigten Abmahnungen die kündigungsrechtliche Warnfunktion erfüllt sein könne, auch wenn die Abmahnung zu entfernen sei. Ein solcher Ausnahmefall lag jedoch hier nicht vor.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 283/08

 

Abmahnung wegen Weigerung an einem Personalgespräch teilzunehmen

Immer mehr Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts befassen sich mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 der Gewerbeordnung, seinem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen.

Vorliegend verhandelten die Parteien um eine Vertragsänderung. Der Arbeitnehmer hatte abgelehnt. Der Arbeitgeber wollte den Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Personalgespräch verpflichten, in dem es erneut um die abgelehnte Vertragsänderung gehen sollte. Nachdem der Arbeitnehmer die Teilnahme verweigerte, mahnte der Arbeitgeber ihn ab.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitnehmer Anspruch darauf habe, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werde.

Im entschiedenen Fall ging es darum, ob mit der Ablehnung des Personalgesprächs der Arbeitnehmer eine Arbeitsverweigerung begangen hat. Das Bundesarbeitsgericht verneinte dies. Wenn der Arbeitnehmer bereits eine eigene Entscheidung zu einer angedienten Vertragsänderung abgegeben habe, müsse er sich nicht auf weitere Gespräche darüber einlassen. Seine Weigerung bestand deshalb zu Recht. Die Weisung, an einem solchen Personalgespräch teilzunehmen, betraf deshalb keinen der von § 106 Gewerbeordnung abgedeckten Bereiche, also weder die Arbeitsleistung noch die Ordnung und das Verhalten im Betrieb, weshalb der Arbeitnehmer zu Recht die Teilnahme verweigern konnte.

BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 606/08

 

Der Name des Arbeitnehmers muss im Zeugnis richtig sein

Das hessische Landesarbeitsgericht hatte sich jetzt mit dem folgenden interessanten Fall zu befassen: Ein Arbeitgeber hatte sich im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Er stellte daraufhin ein Arbeitszeugnis aus, indem allerdings der Familienname des Arbeitgebers falsch geschrieben und außerdem das Beendigungsdatum falsch angegeben war. Der Arbeitnehmer beantragte die Verhängung von Zwangsmitteln gegen den Arbeitgeber, um ein korrektes Zeugnis zu erhalten. Während das Arbeitsgericht dies ablehnte, hatte die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Arbeitnehmers Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Hessen führt aus, dass ein Zeugnis schon formell nicht ordnungsgemäß sei, wenn der Name des Arbeitnehmers nicht richtig geschrieben sei. Gemäß § 109 Gewerbeordnung müsse ein Arbeitszeugnis den Namen und den Vornamen des Arbeitnehmers in der richtigen Schreibweise beinhalten. Dies sei schon deswegen erforderlich, damit der Arbeitnehmer zweifelsfrei identifizierbar sei. Das Zeugnis muss auch das korrekte Beendigungsdatum enthalten. Unterliegt hier der Arbeitgeber einem Fehler, so ist dies besonders verhängnisvoll, wenn es sich bei dem angegebenen Datum dann nicht um einen Monatsletzten handelt, weil dies den Schluss darauf zulasse, dass das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet sei. Das Landesarbeitsgericht verhängte deshalb gegen den Arbeitgeber Zwangsmittel.

Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 23. September 2008, 12 Ta 250/08

 

Begrenzung des Kindesunterhalts löst keine Freistellungsverpflichtung eines Elternteils aus

Die geschiedenen Parteien hatten fünf Kinder, sie schlossen im Rahmen des Scheidungsverfahrens eine schriftliche Vereinbarung über den zukünftigen Unterhalt der Kinder. Grundlage der Vereinbarung sollte die Anwendung der Düsseldorfer Tabelle sein, deren Änderung berücksichtigt werden sollte, nicht jedoch Tariferhöhungen, die der Kindesvater erhielt. Im Rahmen eines späteren Auskunftsverfahrens stellten die Gerichte fest, dass der Kindesvater deutlich höhere Einkünfte hatte. Er erkannte deshalb einen Teilbetrag der Forderung an, gleichzeitig will er jedoch auf der Grundlage der Vereinbarung der Parteien die geschiedene Ehefrau wegen der Mehrzahlungsbeträge auf Freistellung in Anspruch nehmen. Die Instanzgerichte sahen die Vereinbarung der Parteien als Freistellungsvereinbarung an, da sie unmittelbar die Ansprüche der Kinder auf Kindesunterhalt betreffen sollte. In der Vereinbarung kam der Begriff "Freistellung" nicht vor, sie enthielt nur die Festlegung auf einen bestimmten Prozentsatz der Düsseldorfer Tabelle mit den oben erwähnten Modifikationen.

Der BGH gab der geschiedenen Ehefrau Recht und stellte fest, dass durch Auslegung der Vereinbarung keine Freistellungsvereinbarung angenommen werden könne, da sich aus dem Text der Vereinbarung eine solche Freistellungsabrede nicht ergebe, hätte diese nur durch schlüssiges Verhalten zustande kommen können. Auch ein solches verneint der Bundesgerichtshof. Man argumentiert, dass die beklagte Frau schon keine Vorstellung davon haben konnte, in welchem Umfang der Unterhalt höher als der vereinbarte Prozentsatz der Düsseldorfer Tabelle in Zukunft werde liegen können. Gegen eine Freistellungsverpflichtung der Exfrau sprach nach Ansicht des BGH zudem, dass zwischen der Leistungsfähigkeit der Frau und der Höhe der vom Berufungsgericht festgestellten Freistellungsverpflichtung kein Zusammenhang bestand. Sie käme umso schlechter davon, je höher das Einkommen des Klägers sei. Aus der Vereinbarung eines Kindesunterhalts in konkreter Höhe habe die Ehefrau auch keinen sonstigen Vorteil erlangt, so dass sie weder einen Erklärungs-, noch einen Bindungswillen hinsichtlich einer Freistellung bei Abschluss der Vereinbarung gehabt haben könne. Die Mutter habe somit bei Klage eines Kindes auf Mehrunterhalt nicht für die Differenz einzustehen.

BGH, Urteil vom 4. März 2009, XII ZR 18/08

 

Vorzeitige Beendigung und Übertragung von Elternzeit

Die in Anspruch genommene Elternzeit kann durch eine Arbeitnehmerin wegen der Geburt eines weiteren Kindes vorzeitig beendet werden.

Die Klägerin ist seit 1999 bei der Beklagten beschäftigt. Sie nahm für eine Tochter Elternzeit bis zum 3. Juli 2007 in Anspruch. Am 23. Juli 2006 wurde ein weiterer Sohn geboren. Mit einem Schreiben an die Beklagte nahm sie für dieses Kind Elternzeit vom 19. September 2006 bis 22. Juli 2009 in Anspruch. Sie erklärte, sie wolle die Elternzeit für die Tochter deshalb vorzeitig beenden und die dadurch verbleibende Elternzeit an die Elternzeit für den Sohn „darangehängt“ erhalten. Der Arbeitgeber lehnte dies gegenüber der Klägerin ab. Sie erhob Klage auf Zustimmung zu dieser Verfahrensweise.

Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ebenso wie die Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Die Klägerin konnte die Elternzeit mit ihrem Schreiben vorzeitig beenden. Der Beendigung entgegenstehende dringende betriebliche Gründe habe der Arbeitgeber nicht dargelegt. Er sei auch verpflichtet, der Übertragung der restlichen Elternzeit für die Tochter zuzustimmen. Die Weigerung entspreche nicht dem billigen Ermessen nach § 315 BGB, da nicht dargelegt sei, welche Nachteile dem Arbeitgeber durch die Übertragung der Elternzeit entstehen würden. Das BAG führt aus, der Arbeitgeber könne eine solche Beendigung einer Elternzeit wegen der Geburt eines weiteren Kindes nur innerhalb von 4 Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen. Dies ergebe sich aus dem Bundeserziehungsgeldgesetz bzw. Bundeselterngeldgesetz. Den durch die vorzeitige Beendigung verbleibenden Anteil von bis zu 12 Monaten kann ein Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers auf die Zeit nach Vollendung des 3. bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres eines Kindes übertragen. Dabei sei der Arbeitgeber an ein billiges Ermessen gebunden.

Fazit: Dem Arbeitgeber ist in entsprechenden Fällen dringend zu empfehlen, seine eigenen Stellungnahmen nicht nur auf eine Ablehnung zu beschränken, sondern darüber hinaus konkrete dringende betriebliche Gründe darzulegen, die gegen eine Unterbrechung der Elternzeit und Fortsetzung der Elternzeit nach Vollendung des 3. Lebensjahres sprechen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. April 2009, 9 AZR 391/08

 

Sonderkündigungsrecht für Abfallbeauftragte

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit einer wichtigen Frage des ausgeweiteten Kündigungsschutzes beschäftigt.

Hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zum Betriebsbeauftragten für Abfall bestellt, so ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig. Das Arbeitsverhältnis könne nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden. Dieser Sonderkündigungsschutz setze aber eine wirksame Bestellung als Abfallbeauftragter voraus. Die Bestellung bedarf der Schriftform und wird regelmäßig gesondert dokumentiert. Dies kann auch bereits im schriftlichen Arbeitsvertrag erfolgen.

Der Kläger war seit Mai 2006 bei der Beklagten angestellt. Im Arbeitsvertrag war festgehalten, dass dem Kläger neben seiner Tätigkeit als Betriebsleiter auch die des Betriebsbeauftragten für Abfall oblag. Die Beklagte erstellte auch ein Organigramm, das den Kläger als Abfallbeauftragten auswies. Im Oktober 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich und bot eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen an. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers war erfolgreich. Alle Instanzen haben mit dem BAG ausgeführt, dass die ordentliche Kündigung wegen des Verstoßes gegen den in § 55 Abs. 3 des Abfallgesetzes geregelten Sonderkündigungsschutz nichtig sei. Durch den Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages war der Kläger wirksam durch die Beklagte zum Abfallbeauftragten bestellt worden.

Fazit: Nicht nur aus der Arbeit für den Betriebsrat, sondern auch aus einer Reihe von weiteren Gesetzen können sich Sonderkündigungsschutzrechte des Arbeitnehmers ergeben.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. März 2009, 2 AZR 633/07

 

Höheres Insolvenzgeld trotz Lohnverzichtes

Das Bundessozialgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein vorübergehender Lohnverzicht zur Unternehmensrettung auch bei der Berechnung des Insolvenzgeldes zum Tragen kommt. Das BSG hat dies verneint.

Der Arbeitnehmer war bei einem Küchenmöbelhersteller tätig. Er hatte geltend gemacht, dass die Belegschaft bis September 2003 während einer knapp einjährigen Laufzeit eines Restrukturierungstarifvertrages auf Gehaltsteile verzichtet hatte. Wegen der drohenden Insolvenz hatte die Gewerkschaft diesen Tarifvertrag im September 2003 gekündigt.

Das BSG führt aus, dass eine tarifliche Lohnverzichtsvereinbarung bei drohender Insolvenz des Arbeitgebers mit der Wirkung gekündigt werden könne, dass die bis dahin durch den Verzicht aufgelaufenen Lohnbestandteile für die Berechnung des Insolvenzgeldes von Bedeutung sein können. Dies gelte aber nur insoweit, als die Lohnbestandteile im Insolvenzzeitraum erarbeitet sind und deshalb Arbeitsentgelt „für“ die der Insolvenz vorausgehenden 3 Monate des Arbeitsverhältnisses darstellten.

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 04. März 2009, B 11 ALA/08R

 

Arbeitskleidung - Kostenpauschale - Pfändungsschutz

Unfallverhütungs- und Hygienevorschriften schreiben für bestimmte Tätigkeiten das Tragen von Schutzkleidung vor. In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Schutzkleidung kostenlos zur Verfügung stellen. Fehlt eine derartige gesetzliche Verpflichtung, kann der Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer grundsätzlich vereinbaren, dass dieser während der Arbeitszeit eine bestimmte Arbeitskleidung trägt, die ihm der Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Dies ist im Einzelhandel weitgehend verbreitet.

Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte der Klage einer Einzelhandelskauffrau auf Zahlung des vom beklagten Verbrauchermarkt einbehaltenen „Kittelgelds“ stattgegeben. Im Arbeitsvertrag war dort vereinbart worden, dass der Arbeitnehmer sich an den Kosten der während der Arbeitszeit zu tragenden Arbeitskleidung beteiligen müsse. Die Vertragsklausel dürfe allerdings den Arbeitnehmer nicht unbillig benachteiligen. Die Frage, ob eine solche Benachteiligung vorliegt, richte sich nach den Vorteilen, die der Arbeitnehmer aus der Überlassung der Berufskleidung und ihrer Pflege und Ersatzbeschaffung durch den Arbeitgeber habe. Der Arbeitgeber sei dann berechtigt, einen wirksam vereinbarten pauschalen Kostenbetrag vom monatlichen Nettoentgelt des Arbeitnehmers einzubehalten. Ein Einbehalt sei aber dann unwirksam, soweit das Nettoentgelt unpfändbar ist. Dieses zwingende Recht könne nicht durch eine Verrechnungsabrede umgangen werden. Im entschiedenen Fall lagen die Einkünfte der Klägerin unter der Pfändungsgrenze, so dass ein Einbehalt des „Kittelgeldes“ unwirksam war. Da die Klage schon aus diesem Grund Erfolg hatte, musste sich das Bundesarbeitsgericht nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob das „Kittelgeld“ auch dann geschuldet sei, wenn infolge urlaubs- oder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht gearbeitet werde, also konkret eigene Kleidung nicht geschont werde, weil die Berufskleidung gar nicht getragen werde.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Februar 2009, 9 AZR 676/07

 

Umsetzung des EuGH-Urteils zum Urlaub

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Januar 2009 entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch von vier Wochen pro Jahr auch dann abzugelten ist, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres krank geschrieben war. Der Kläger war von September 2004 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im September 2005 krank geschrieben. Ihm standen pro Jahr sieben Wochen Urlaub zu, nämlich vier Wochen gesetzlicher Erholungsurlaub, eine Woche Zusatzurlaub als Schwerbehinderter und zwei Wochen tariflicher Mehrurlaub.

Der Kläger hatte mit der Klage die Abgeltung des noch offenen Urlaubs für die Jahre 2004 und 2005 verlangt.

In Umsetzung des Urteils des EuGHs führt das LAG Düsseldorf aus, dass der Kläger gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs hat, denn dieser werde auch für Zeiten erworben, in denen der Arbeitnehmer krank geschrieben war. Eine Auslegung der EG-Arbeitszeitrichtlinie führe dazu, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch erfasst werde. Die Arbeitszeitrichtlinie erfasse allerdings nicht den nichttariflichen oder einzelvertraglich vereinbarten Urlaub. Im zu entscheidenden Fall bestand eine tarifliche Sonderregelung, so dass letztlich nur der gesetzliche Urlaubsanspruch abzugelten war.

Fazit: Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es wird deshalb in jedem Einzelfall zu prüfen sein, welche Urlaubsansprüche nach der EG-Arbeitszeitrichtlinie von der Abgeltung erfasst werden müssen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 2. Februar 2009, 12 Sa 486/06

 

Gewerkschaftswerbung per Email

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jetzt mit der Frage zu befassen, ob eine tarifzuständige Gewerkschaft Arbeitnehmern über deren betriebliche E-Mail-Adressen Werbung und Informationen versenden darf, auch wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der betrieblichen E-Mail-Adressen zu privaten Zwecken untersagt habe.

Das Bundesarbeitsgericht entschied die Frage, anders als die Vorinstanzen, dahingehend, dass der Arbeitgeber der Gewerkschaft die Versendung von E-Mails an die betrieblichen E-Mail-Adressen seiner Mitarbeiter nicht untersagen lassen könne. Die Entscheidung einer Gewerkschaft, Arbeitnehmer auf diesem Wege anzusprechen, sei Teil ihrer nach Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes geschützten Betätigungsfreiheit. Soweit dabei Grundrechte des Arbeitgebers berührt würden, seien die kollidierenden Rechtspositionen gegeneinander abzuwägen. Das durch Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht des Arbeitgebers und sein nach Art. 2 GG erfasstes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hätten nach der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts gegenüber der gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit zurück zu treten, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten Betriebsablaufstörungen oder spürbaren, der Gewerkschaft zuzurechnenden wirtschaftlichen Belastungen führe. Der Arbeitgeber habe deshalb keinen Unterlassungsanspruch.

Die Besonderheit der Entscheidung war, dass Störungen des Betriebsablaufs oder messbare wirtschaftliche Nachteile die Arbeitgeberin im vorliegenden Fall nicht hat vortragen lassen. Wenn beispielsweise solche Störungen aufgrund des Umfangs der versandten Mitteilungen zu einer Störung des Betriebsablaufes führt, könnte durchaus eine andere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu erwarten sein.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 2009, 1 AZR 515/08

 

Problematische Änderungskündigung

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 15. Januar 2009 festgestellt, dass eine Änderungskündigung unwirksam ist, wenn das Änderungsangebot zu unbestimmt ist. Der Kläger war seit 1999 bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt, das ihn als Produktionshelfer einsetzte. Eine Tarifbindung der Parteien lag nicht vor. Zum 1. Januar 2004 trat die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in Kraft, wonach für Leiharbeiter grundsätzlich die gleichen Arbeitsbedingungen gelten müssen, wie für die Stammbelegschaft, es sei denn, dass ein Tarifvertrag etwas anderes regele. Dies hat in der Folgezeit zu zahlreichen Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche geführt mit dem Ziel, für Leiharbeitnehmer eine schlechtere Bezahlung durchzusetzen. Der beklagte Verleiher kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger betriebsbedingt und bot gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag an, der die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag vorsah. Für den Fall, dass dieser Tarifvertrag unwirksam sein sollte, sollte ein weiterer Tarifvertrag (anderer Tarifvertragsparteien) zwischen den Parteien gelten. Die Beklagte rechtfertigte die Änderungskündigung auch damit, dass kein Entleiher mehr bereit gewesen sei, Leiharbeitnehmer zu den Bedingungen des Stammbetriebes zu entleihen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und erhob Änderungsschutzklage.

 

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Arbeitgebers hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht stellt fest, dass die Änderungskündigung unwirksam sei, weil hier die doppelte Bezugnahme auf verschiedene Tarifverträge mit verschachtelten Bedingungsregeln nicht ausreichend klar sei. Die Unbestimmtheit der danach geltenden arbeitsvertraglichen Regelungen könne der Arbeitnehmer rügen. Änderungskündigungen müssen hinreichend klar ein Änderungsangebot enthalten, aus dem der Arbeitnehmer sicher entnehmen können muss, welcher Vertragsinhalt künftig Gültigkeit haben soll. Mangels solcher Klarheit müsse sich der Arbeitnehmer auf das Änderungsangebot nicht einlassen. Die Änderungsschutzklage hatte Erfolg.

Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 15. Januar 2009, 2 AZR 641/07

 

Betriebliche Versorgungszusagen

Beim Bundesarbeitsgericht wurde jetzt der Streit dazu entschieden, ob Versorgungszusagen aus der Zeit vor dem Jahr 2001 bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers unverfallbar sind. Die Klägerin war als Arbeitnehmerin seit 1998 bei der Beklagten beschäftigt. Im August 1999 sagte die Beklagte der Klägerin eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung zu, gleichzeitig verpflichtete sich der Arbeitgeber das Versicherungsverhältnis auf die Klägerin zu übertragen, sollte diese vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und die Versorgungsanwartschaft zu diesem Zeitpunkt unverfallbar sein. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum Jahresende 2005. Die Kläger verlangt die Abtretung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht setzt sich in den Entscheidungsgründen mit der Frage auseinander, ob vorliegend die Versorgungszusage unverfallbar war. In diesem Fall hat die Klägerin einen Anspruch auf Übertragung der Rechte. Ursprünglich setzte die Unverfallbarkeit von Versorgungszusagen eine mindestens zehnjährige Betriebszugehörigkeit voraus. Mit Wirkung ab 1. Januar 2001 ist das Gesetz zur betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) dahingehend geändert worden, dass für eine Unverfallbarkeit bereits eine fünfjährige Betriebszugehörigkeit und ein Ausscheiden aus dem Unternehmen nach Vollendung des 25. Lebensjahrs ausreicht. Für Altversorgungszusagen regelt § 30 BetrAVG, dass die Anwartschaft auch dann unverfallbar ist, wenn die Zusage ab dem 1. Januar 2001 fünf Jahre bestanden hat und der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 30. Lebensjahr vollendet hat. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben. Nach diesen Grundsätzen sind die vor dem 1. Januar 2001 erteilten Versorgungszusagen mit Ablauf des 31. Dezember 2005 unverfallbar geworden, falls der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mindestens 30 Jahre alt ist. Da diese Voraussetzungen im Streitfall vorlagen, hat die Klägerin einen Anspruch auf Übertragung der Versicherungen auf sich.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Januar 2009, 3 AZR 529/07

 

Klauseln über die Rückzahlung von Fortbildungskosten

Arbeitgeber haben das Ziel, gut ausgebildete Arbeitnehmer zu behalten, gleichzeitig wollen sie jedoch bei hohen Fortbildungskosten die ausgebildeten Arbeitnehmer im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gern an den Fortbildungskosten beteiligen. Im entschiedenen Fall war der Kläger Arbeitgeber des Beklagten. Er hatte dem Beklagten eine Fortbildung finanziert. Zwischen ihnen war formularmäßig vereinbart worden, dass der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten zurückzahlen müsse, wenn er das Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre verlässt. Der Beklagte verließ das Unternehmen vor Ablauf der Fünf- Jahres- Frist, worauf der Arbeitgeber die Rückzahlung der Fortbildungskosten verlangte.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht führt insofern aus, dass Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten nur dann zulässig seien, soweit sie den Arbeitnehmer nicht unangemessen lange an das Unternehmen binden. Bei einer überlangen Bindung müsse der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten daher regelmäßig nicht zurückzahlen. Rückzahlungsklauseln unterliegen einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 BGB. Der Richter überprüft also, ob eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers durch die Klauseln vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht verweist insofern auf seine ständige Rechtssprechung, dass allenfalls eine zweijährige Bindungsdauer zulässig sei, längere Rückzahlungsklauseln seien unwirksam. Diese führen dazu, dass wegen des Charakters als Allgemeine Geschäftsbedingungen eine geltungserhaltende Reduktion nicht vorzunehmen sei. Diese komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es für den Arbeitgeber objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen.

Fazit: Arbeitgeber sollten vor einer Fortbildungsmaßnahme die verwendeten Rückzahlungsklauseln auf ihre Gültigkeit anwaltlich überprüfen lassen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Januar 2009, 3 AZR 900/07

 

Wiederholtes Zuspätkommen zur Arbeit rechtfertigt Kündigung

Das Landesarbeitsgericht Köln hat jetzt Grundsätze aufgestellt, unter denen ein regelmäßig und wiederholt zu spät zur Arbeit kommender Arbeitnehmer gekündigt werden kann. Der Kläger war seit 2000 bei der beklagten Firma als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Seit Anfang 2006 erschien er mehrmals zu spät zur Arbeit. Er wurde im April schriftlich ermahnt, nachdem er mehr als zwei Stunden zu spät gekommen war. In den darauf folgenden sechs Wochen kam der Kläger erneut mehrfach zu spät zur Arbeit. Es erfolgte ein Kritikgespräch, bei dem die Beklagte ihm Unterstützung bei persönlichen oder gesundheitlichen Problemen sowie, bei Bedarf, ärztliche Hilfe anbot. Im März 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger aufgrund einer eineinhalbstündigen Verspätung eine Abmahnung. Im August 2007 sprach die Beklagte eine letztmalige Abmahnung aus und verwies auf Kündigungsfolgen. Dennoch kam der Kläger erneut zu spät, worauf die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen kündigte. Der Kläger berief sich darauf, dass er Vorkehrungen getroffen habe, nicht mehr zu spät zu kommen. So habe er einen Wecker gestellt, seine Frau gebeten, ihn zu wecken und seine Schwiegermutter gebeten, ihn morgens anzurufen. Diese Maßnahmen seien jedoch nicht immer erfolgreich gewesen, da er den Wecker und den Anruf der Schwiegermutter überhört und seine Frau ebenfalls an einzelnen Terminen verschlafen habe. Er nehme Schmerzmittel, die seine Müdigkeit verursachten.

Das Landesarbeitsgericht Köln stellte auf die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers, wie das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis wirksam aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt sei. Das Landesarbeitsgericht Köln führt hierzu aus, dass der Kläger den Anschein einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht widerlegt habe, er habe seinen Arzt auf das Gesundheitsproblem ansprechen oder das Angebot der Beklagten auf ärztliche Hilfestellung in Anspruch nehmen können. Zudem hätte er weitere Weckvorrichtungen treffen müssen, nachdem sich die bisher von ihm ergriffenen Maßnahmen nicht als wirksam herausstellten. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung aufrecht erhalten.

Fazit: In einem vergleichbaren Fall ist dem Arbeitgeber zu empfehlen, nicht nur die Verstöße abzumahnen, sondern insbesondere, wenn sich medizinische Aspekte ergeben, dem betroffenen Arbeitnehmer auch ärztliche Hilfe und die Unterstützung bei persönlichen und gesundheitlichen Problemen anzubieten. Erfolgt dies und werden diese Hilfen vom Arbeitnehmer nicht angenommen, steht einer Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung nichts im Wege.

LAG Köln, Entscheidung vom 20. Oktober 2008, 5 Sa 746/08

 

Detektivkosten bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit 

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat jetzt entschieden, dass der Arbeitgeber einen Detektiv einschalten darf, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein Arbeitnehmer eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht. Bestätigt sich dieser Verdacht, so muss der Arbeitnehmer regelmäßig die kompletten Detektivkosten tragen. Dies gilt auch, wenn die Überwachung länger als einen Tag andauert. Der Beklagte hatte sich als Austräger für Post und Zeitungen arbeitsunfähig krank gemeldet. Er schlug zugleich vor, seine Ehefrau als Aushilfskraft für ihn einzustellen. Die Klägerin nahm diesen Vorschlag an. Einen Tag später wurde ihr gerüchteweise zugetragen, dass der Beklagte trotz seiner Krankschreibung beim Zeitungs- und Postaustragen mit seiner Ehefrau gesehen worden sei. Sie beauftragte daraufhin einen Detektiv, um den Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen. Der Detektiv beobachtete den Beklagten und seine Frau zwei Tage lang und stellte dabei fest, dass der Beklagte und seine Frau zusammen die Post und die Zeitungen ausgetragen haben. Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung der Detektivkosten in Höhe von rund € 1.500 in Anspruch. Im Prozess machte der Beklagte geltend, er habe seine Frau jeweils nur zwei Stunden bei der Arbeit unterstützt. Dies habe sein Gesundheitszustand zugelassen. Er stützte sich dabei auf ein ärztliches Attest, dass bestätigte, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht unbedingt zu einer Bettlägerigkeit führte. Er wendet ferner ein, die Detektivkosten seien zu hoch, eine Beobachtung an einem Tag hätte ausgereicht. Das Arbeitsgericht verurteilte den Arbeitnehmer zur Zahlung. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Rheinland- Pfalz stellt klar, dass die Klägerin gegen ihren Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten habe, weil dieser zumindest für zwei Tage eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht habe. Entscheidend sei vorliegend, wer die Beweislast im Rahmen der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit habe. Während grundsätzlich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes auf eine vollschichtige Arbeitsunfähigkeit schließen lasse, mache hier der Beklagte geltend, es liege ein Ausnahmefall vor, indem er wenige Stunden habe arbeiten können. Hier obliege es dem Beklagten konkret darzustellen, dass er trotz seiner Erkrankung bis zu zwei Stunden täglich Post und Zeitungen austragen könne. Die Arbeitsunfähigkeit decke diesen Vortrag nicht mit der Folge, dass wegen fehlender Darlegung das Landesarbeitsgericht wie das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben haben. Das Landesarbeitsgericht hat auch keine Bedenken zur Höhe. Gerade wegen der Einwendungen, die zu erwarten gewesen wären, wenn nur eine einmalige Beobachtung stattgefunden hätte, sei es dem Arbeitgeber unbenommen, die Beobachtung des Arbeitnehmers auf zwei Tage auszudehnen, um Einwendungen des Zufalls zu begegnen.

Landesarbeitsgericht Rheinland- Pfalz, Urteil vom 20. August 2008, 7 Sa 197/08

 

Rechtsschutzversicherer muss auch bei Kündigungsandrohung einstehen

Der Rechtsschutzversicherer zahlt nach den Versicherungsbedingungen dann, wenn ein Rechtsschutzfall eingetreten ist. In der Vergangenheit wurde vielfach darüber gestritten, ob ein Rechtsverstoß schon vorliege, wenn eine bestimmte Maßnahme angedroht wird. Relevant wird dies vielfach bei Kündigungserklärungen, die angedroht werden und gleichzeitig der Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten wird. Für den rechtsschutzversicherten Mandanten stellt sich dann oft die Frage, ob er sich tatsächlich erst kündigen lassen muss, um Rechtsschutz zu erhalten. Dann sind allerdings vielfach die Verständigungsmöglichkeiten mit dem Arbeitgeber dahin.

Einen vergleichbaren Fall hatte jetzt der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Der Arbeitgeber teilte dem Arbeitnehmer mit, dass aufgrund eines Stellenreduzierungsprogramms beabsichtigt sei, ihn zu kündigen, falls er nicht einen ihm angebotenen Aufhebungsvertrag annehme. Der Kläger beauftragte daraufhin Rechtsanwälte. Die Kostenübernahme hierfür lehnte der Rechtsschutzversicherer ab. Er ist der Auffassung, dass ein Rechtsschutzfall nicht eingetreten sei, da noch kein Rechtsverstoß vorliege. Das bloße In-Aussicht-Stellen einer Kündigung begründe, als reine Absichtserklärung, noch keine Veränderung der Rechtsposition des Klägers. Das Landgericht stellte einen Rechtsverstoß schon in der Kündigungsandrohung fest. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr festgelegt, dass ein Vorbringen des Versicherungsnehmers mit objektivem Tatsachenkern vorliegen müsse, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes aufstelle und auf den er seine Interessenverfolgung stütze. Diese Grundsätze würden auch für die Androhung einer Kündigung des Arbeitsgebers gelten. Es bedürfe deshalb keiner Differenzierung zwischen einer Kündigungsandrohung und einem Kündigungsausspruch. Es komme nicht darauf an, ob es sich eine verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung handele. Allein das in den Raum Stellen eines Kündigungssachverhaltes reicht dem Bundesgerichtshof zur Bejahung des Eintritts eines Rechtsschutzfalls aus. Der Sachverhalt, wonach der Arbeitgeber, der einen Aufhebungsvertrag anbietet und für den Fall der Nichtannahme eine betriebsbedingte Kündigung androht, genüge zur Annahme eines Rechtsschutzfalles. An der Ernsthaftigkeit, ein solches Vorhaben durch den Arbeitgeber auch umzusetzen, bestünde kein Zweifel. Nachdem der Kläger seinen Vortrag auch noch damit untermauerte, der Arbeitgeber habe seine Fürsorgepflicht verletzt und damit eine Vertragsverletzung begangen, als er eine Kündigung ohne Auskunft über die Sozialauswahl in Aussicht gestellt habe, war es für den Bundesgerichtshof unzweifelhaft, dass hier ein rechtswidriges Vorhaben des Arbeitgebers vorliege, welches ohne Weiteres den Rechtsschutzfall begründe.

BGH, Urteil vom 19. November 2008, IV ZR 305/07

 

Die bittere Pille der Altersteilzeit

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz Arbeitnehmer, die sich in der Altersteilzeit befinden, Ansprüche gegen den Betriebsübernehmer haben.

Die Klägerin war als Chefsekretärin bei einer GmbH beschäftigt. Im Jahre 2000 schloss sie mit der Arbeitgeberin eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell. Die Arbeitsphase sollte im Juli 2003, die Freistellungsphase im Juli 2006 enden. Im Jahre 2004 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Ab 1. Januar 2005 übernahm die Beklagte den Betrieb.  Der Insolvenzverwalter lehnte nach kurzer Zahlung der Altersteilzeitvergütung die Fortzahlung dieser Vergütung ab. Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrte die Sekretärin die Feststellung, dass die Beklagte bis zum Ende der Freistellungsphase im Juli 2006 die Gehaltsbezüge weiter bezahlen müsse.

Das Bundesarbeitsgericht stellt fest, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Fortzahlung der bereits in der Arbeitsphase der Altersteilzeit erarbeiteten Vergütung habe. Zwar gingen bei einem Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB auch solche Altersteilzeitarbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber über, die sich schon in der Freistellungsphase befänden. Der Betriebserwerber hafte aber nicht für die schon vor der Insolvenzeröffnung erarbeiteten Vergütungsansprüche der nicht mehr arbeitspflichtigen Altersteilzeitarbeitnehmer. Es handele sich bei deren Ansprüchen nach den Sonderregelungen der Insolvenz um Insolvenzforderungen, für die der Betriebserwerber nicht einstehen müsse.

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang auch die Vereinbarkeit dieser Rechtslage mit dem Gemeinschaftsrecht geprüft und festgestellt, dass kein Verstoß gegen die europäische Betriebsübergangsrichtlinie bestehe.

Das Bundesarbeitsgericht hält insofern fest, dass es sich bei den Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Zeit der Freistellungsphase nicht um Masseverbindlichkeiten handele, sondern um Insolvenzforderungen, für der beklagte Betriebsübernehmer nicht hafte.

BAG, Urteil vom 30. Oktober 2008, 8 AZR 54/07

 

Gruppenbildung bei Sozialausfall verstößt nicht gegen das AGG

Bei einem betriebsbedingten Arbeitsplatzabbau darf der Arbeitgeber Altersgruppen bilden, um im Rahmen der Sozialauswahl eine ausgewogene Altersstruktur der verbleibenden Mitarbeiter zu erzielen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, mit ursprünglich über 5.000 Beschäftigten als Karosseriefacharbeiter beschäftigt. Es kam zur mangelnden Auslastung des Unternehmens mit mehreren Entlassungswellen. Im September 2006 einigte sich der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat auf einen Interessenausgleich mit Namensliste, die eine Kündigung von 619 Arbeitnehmern vorsah, worunter sich auch der Kläger befand.

Der Sozialauswahl lag eine Punktetabelle zugrunde, die u.a. Sozialpunkte für das Lebensalter vorsah. Die Auswahl erfolgte sodann aber nicht unter allen vergleichbaren Arbeitnehmern, sondern proportional in 6 Altersgruppen, die jeweils 10 Lebensjahre umfasste. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des 51 Jahre alten Klägers, der Kündigungsschutzklage erhob und rügte, es stelle eine unzulässige Altersdiskriminierung dar, wenn die Sozialauswahl nicht unter allen Arbeitnehmern, sondern in Altersgruppen erfolge.

Beim Arbeitsgericht erhielt der Kläger Recht. Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht begründet dies damit, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam betriebsbedingt gekündigt habe. Sie habe mit dieser Art der Sozialauswahl nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen. Zwar finde das Diskriminierungsverbot des AGG im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses Beachtung. Hier liege aber entgegen der Auffassung des Klägers kein Verstoß gegen das AGG vor. Arbeitgeber dürften im Rahmen der Sozialauswahl sowohl Sozialpunkte für das Alter des Arbeitnehmers vergeben als auch Altersgruppen bilden. Hierin liege keine Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von § 10 AGG vor. In der Abwägung berücksichtige die Zuteilung von Alterspunkten die schlechteren Arbeitsmarktchancen älterer Arbeitnehmer und führe im Zusammenspiel mit den übrigen Gesichtspunkten sozialer Natur wie etwa Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung nicht zu einer Überbewertung des Lebensalters. Die Bildung von Altersgruppen wirke zulässigerweise der Überalterung des Betriebes entgegen und relativiere damit zugleich die Bevorzugung älterer Arbeitnehmer bei der Vergabe von Sozialpunkten. Die Klage war damit abzuweisen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. November 2008, 2 AZR 701/07

 

Auskunftsanspruch bei Altersdiskriminierung

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jetzt im Beschlussverfahren mit der Frage zu beschäftigen, welcher Rechtsweg für Auskunftsansprüche nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gegeben ist.

Der 1952 geborene Kläger hatte sich vergeblich auf eine Stellenanzeige beworben, in der der beklagte Rechtsanwalt im Namen eines Wirtschaftsverbandes in einer überregionalen Tageszeitung eine Stellenanzeige veröffentlicht hatte, wonach ein Volljurist/in im Alter bis 35 Jahre gesucht wurde.

Der Kläger will den Wirtschaftsverband auf Schadensersatz, hilfsweise auf eine angemessene Entschädigung im Sinne des AGG in Anspruch nehmen und begehrt zu diesem Zweck vom beklagten Rechtsanwalt Auskunft über die Identität des Verbandes. Dieser hat eine solche Auskunft nicht erteilt.

Das Bundesarbeitsgericht führt insofern aus, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für den Auskunftsanspruch nicht gegeben sei. Zwischen den Parteien sollte kein Arbeitsverhältnis begründet werden, auch weitere Hilfskonstruktionen ließ das Bundesarbeitsgericht nicht zu und führte aus, dass der Rechtstreit vor den allgemeinen Zivilgerichten zu führen sei.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt deutlich, dass es Arbeitgebern grundsätzlich zu empfehlen ist, ihre Anzeigengestaltung so vorzunehmen, dass Verstöße gegen das AGG durch Bewerber, die es nur darauf anlegen, nicht eingestellt zu werden, nicht zu leicht gemacht wird.

BAG, Beschluss vom 27. August 2008, 5 AZB 71/08

 

Videoüberwachung im Betrieb

Die Arbeitgeberin betreibt ein Briefverteilzentrum. Für dieses ist ein Betriebsrat eingerichtet. In dem Briefverteilzentrum wird überwiegend in Handsortierung gearbeitet. Innerhalb eines 10-Monats-Zeitraums hatten 250 Kunden Verluste von Briefsendungen gemeldet. In der Vergangenheit hatte der Betriebsrat zwei Mal anlässlich konkreter Verdachtsmomente gegen einzelne Arbeitnehmer der vorübergehenden Installierung einer verdeckten Videokamera zugestimmt. Dadurch konnten die Täter jeweils überführt werden. Für das Briefverteilzentrum besteht bereits eine Betriebsvereinbarung, nach der Tür- und Taschenkontrollen möglich sind, ein Abtasten von Personen jedoch nicht erlaubt ist. Die Parteien verhandelten erneut erfolglos über die Einrichtung einer stationären Videoüberwachungsanlage. Die angerufene Einigungsstelle beschloss eine Betriebsvereinbarung zum Einsatz einer stationären Videoanlage. Mit dem Verfahren verfolgt der Betriebsrat das Ziel, den Spruch der Einigungsstelle für unwirksam zu erklären. Das Bundesarbeitsgericht will die Gültigkeit dieser Betriebsvereinbarung daran messen, ob die Eingriffe der Betriebsparteien in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer durch die schutzwürdigen Belange anderer Grundrechtsträger gerechtfertigt seien. Dazu stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange, dass die von den Betriebsparteien bzw. der Einigungsstelle getroffene Regelung geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährten Freiheitsrechte angemessen sei, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Die Merkmale der Geeignetheit und Erforderlichkeit bejaht das Bundesarbeitsgericht. Es hält vorliegend die Regelung auch für angemessen, wobei es eine Gesamtabwägung der Intensität des Eingriffs unter Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe vornimmt. Dazu müsse einerseits das Eigentumsrecht aus dem Grundgesetz sowie das Briefgeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter gegenüber gestellt werden. Das Bundesarbeitsgericht führt dazu aus, dass eine solche Videoanlage einen ständigen Überwachungs- und Anpassungsdruck auf die Arbeitnehmer ausübe. Das Bundesarbeitsgericht hat zur konkreten Regelung entschieden, dass die zu beurteilenden Regelungen, die nur eine verdachtsabhängige, räumlich und zeitlich beschränkte und von der Mitwirkung des Betriebsrats abhängige Möglichkeit der Videoüberwachung zuließen, als angemessen zu gelten haben. Das Bundesarbeitsgericht fasst dies im Leitsatz zusammen. Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb einzuführen. Zulässigkeit des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer richte sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

BAG, Beschluss vom 26. August 2008, 1 ARB 16/07

 

Betriebsübergang

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jetzt mit einer interessanten Fallkonstellation bei der Frage des Betriebsüberganges zu beschäftigen. Der Kläger war bei einem Überwachungsunternehmen tätig, welches im Auftrag der Bundeswehr einen Truppenübungsplatz bewachte. Der Kläger wurde gekündigt, als die Bundeswehr den Überwachungsauftrag zum 01. Januar 2006 an ein anderes Unternehmen übergab. Der Kläger nimmt dieses Unternehmen in Anspruch und behauptet einen Betriebsübergang. Mit seiner Klage gegen den neuen Bewachungsunternehmer macht der Kläger einen Anspruch auf Einstellung geltend mit der Behauptung, es habe ein Betriebsübergang stattgefunden. Die neue Firma übernahm nämlich 14 der 36 Vollzeitbeschäftigten und 5 der 12 Aushilfskräfte der vormals tätigen Bewachungsfirma, um sie für den Bewachungsdienst auf dem gleichen Truppenübungsplatz einzusetzen. Der Kläger selbst hatte sich erfolglos um die Einstellung beworben. Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass die Revision des Klägers erfolglos bleiben müsse, weil es sich vorliegend nicht um einen Betriebsübergang handele. Allein die Durchführung der Überwachungsaufgaben in gleicher Weise wie bisher stelle eine reine Auftragsnachfolge, aber keinen Betriebsübergang dar. Von einem Betriebsübergang sei nur auszugehen, wenn wesentliche Betriebsmittel übernommen würden oder ein nach Zahl- und Sachkunde wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen worden wäre. Bei dem Betrieb handelt es sich um einen betriebsmittelarmen Betrieb, weil zur Durchführung des Bewachungsauftrages Maschinen nicht übernommen werden mussten. Das Bundesarbeitsgericht führt dazu aus, dass die Übernahme von nur ca. einem Drittel der Vollzeitbeschäftigten und eines geringen Teils der Aushilfskräfte nicht ausreiche, einen Betriebsübergang zu konstatieren. Die Revision wurde deshalb zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. September 2008, 8 AZR 607/07.

 

Kappungsgrenze in der betrieblichen Altersversorgung

Versorgungszusagen sehen in der Regel die Zahlung der vollen Betriebsrente nur für den Fall vor, dass der Arbeitnehmer mit Erreichen der dort bestimmten festen Altersgrenze (Versorgungsfall) ausscheidet. Scheidet der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus, gilt hinsichtlich der Höhe der Betriebsrente § 2 BetrAVG. Gründe des Ausscheidens werden nicht berücksichtigt. Nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ist die bei Betriebstreue bis zur festen Altersgrenze erreichbare Betriebsrente im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Dies gilt auch im Falle der Kappung der Rentenhöhe, wenn also die Versorgungsordnung pro Jahr der Beschäftigung einen festen Betrag oder einen bestimmten Prozentsatz des letzten Gehaltes ansetzt, dies aber in der Höhe begrenzt.

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt die Klage eines Versorgungsberechtigten abgewiesen. Dort sah die Versorgungsordnung vor, dass die monatliche Altersrente für jedes Dienstjahr 0,8%, höchstens aber 20% des letzten Arbeitsentgeltes betrage. Der Kläger war nach über 25-jähriger Beschäftigungszeit im 59. Lebensjahr ausgeschieden. Er meinte, dass ihm trotz des vorzeitigen Ausscheidens die Höchstrente zustehe. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass sich dies weder aus der Versorgungsordnung noch aus § 2 BetrAVG ergebe. Betroffenen ist dringend zu empfehlen, sich frühzeitig durch verbindliche Auskünfte beraten zu lassen, ob ihre eigene Betriebsrente beim vorzeitigen Ausscheiden vollständig oder nur gekürzt ausgezahlt wird.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. September 2008, 3 AZR 1061/06.

 

Internet für Betriebsrat

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt dem Antrag eines Betriebsrates Folge geleistet und den Arbeitgeber zum Freischalten eines bereits bestehenden PCs zum Zugang zum Internet verpflichtet. Es führte dabei aus, dass der Betriebsrat sich stets aus dem Internet informieren können müsse. Es sei nicht entscheidend, ob der Betriebsrat die Informationen auch auf anderem Weg erhalten könne.

In einem früheren Beschluss hatte das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2006 teilweise eine Internetnutzung durch den Betriebsrat noch nicht genehmigt, so dass die vorliegende Entscheidung nicht rechtskräftig ist und die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zum BAG zugelassen wurde.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09. Juli 2008, 17 TaBV 607/08

 

Beweislast für tarifliche Tätigkeitsmerkmale

Ein Landschaftsgärtner begehrte eine höhere Vergütung und berief sich dazu auf seine hochwertigen fachlichen Fähigkeiten, die zu einer besseren Einordnung in eine tarifvertragliche Lohngruppe führe.

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem grundlegenden Fall festgelegt, wer die Beweislast und damit die Verpflichtung zum Vortrag eines entsprechenden Sachverhaltes habe.

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage des Gärtners abgewiesen hatte und das Landesarbeitsgericht ihm nur im geringen Umfang folgte, hatte seine Revision beim BAG keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass der Kläger, der sich auf eine günstigere Eingruppierung im Tarifvertrag berufe, die besonders hochwertigen Arbeiten im Sinne des Tarifvertrages darlegen müsse. Er müsse insofern vortragen, welches fachliche Können die Ausgangslohngruppe erfordere und aus welchen Gründen er die Anforderung der Heraushebungslohngruppe erfülle, um so einen wertenden Vergleich zwischen den Anforderungen beider Lohngruppen zu ermöglichen. Es unterstreicht damit die im allgemeinen Prozessrecht geltende Regelung, dass derjenige, der für sich günstige Tatsachen behauptet, dafür auch nachweispflichtig sei und dies durch entsprechenden Prozessvortrag zu unterlegen habe.

BAG, Urteil vom 27. August 2008, 4 AZR 484/07

 

Arbeitgeber müssen keine arbeitsunfähigen Arbeitnehmer beschäftigen

Arbeitnehmer können nur dann in Annahmeverzug geraten, wenn der nicht beschäftigte Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung tatsächlich in der Lage ist.

Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfällt, wenn er sich nach längerer Krankheit wieder arbeitsfähig meldet, obwohl er tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen weiterhin die geschuldete Leistung nicht erbringen kann.

Die Klägerin des beim Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Falles arbeitete in einer Molkerei. Wegen eines Rückenleidens war sie rund 1 ½ Jahre krank geschrieben. Nach Ende der durch die Krankenkasse abgedeckten Ausfallzeit meldete sie sich wieder arbeitsfähig, obwohl sie tatsächlich nur eingeschränkt leistungsfähig war.

Die beklagte Molkerei schickte die Klägerin nach Hause und kündigte kurze Zeit später das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit.

Das Bundesarbeitsgericht hob ein Urteil des Landesarbeitsgerichts auf, das die Molkerei zur Zahlung eines Annahmeverzugslohns verurteilte.

Das BAG führt insofern aus, es gelte allgemein, dass der Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers entfalle, wenn er nach Ablauf des Zeitraums für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall weiterhin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die vertragsgemäße Arbeit zu erbringen.

Diesen Umstand könne der Arbeitnehmer auch nicht durch ein Angebot seiner Arbeitsleistung aus der Welt schaffen. Das Landesarbeitsgericht hatte seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Beklagte der Klägerin eine Tätigkeit im Labor hätte anbieten müssen, auch wenn die Klägerin diese Tätigkeit zuvor bereits abgelehnt hatte.

Da Einzelheiten der Frage, welche Arbeiten der Klägerin angeboten worden waren und welche diese abgelehnt hatte, zwischen den Parteien noch streitig waren, wurde der Rechtstreit zur Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

BAG, Urteil vom 27. August 2008, 5 AZR 16/08

 

Keine Angemessenheitsprüfung bei Probezeitkündigung

Das Bundesarbeitsgericht hat wichtige Feststellungen zur Probezeitkündigung getroffen.

Der Kläger war als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war befristet. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass die ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses eine Probezeit darstellen sollten. Dem Kläger wurde innerhalb dieser Probezeit gekündigt. Gegen diese Kündigung wendet der Kläger im Wesentlichen ein, dass das Kündigungsschreiben nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden sei und dass die Vereinbarung einer 6-monatigen Probefrist für die relativ einfache Tätigkeit als Transportarbeiter unverhältnismäßig lang sei.

Das Bundesarbeitsgericht hat, anders als die Vorinstanzen, sich auf den Gesetzeswortlaut des § 622 BGB berufen und ausgesprochen, dass eine Probezeitvereinbarung nach der gesetzlichen Regelung längstens für die Dauer von 6 Monaten zulässig sei. An diese gesetzliche Regelung gedenke man sich vorbehaltlich abweichender tarifvertraglicher Bestimmungen zu halten. Ausdrücklich lehnt das Bundesarbeitsgericht die im Schrifttum vertretene Auffassung ab, die Probezeit dürfe nur so lange sein, wie dies zur Erprobung für die betreffende Tätigkeit erforderlich sei. Als wesentliche Argumente zieht das Bundesarbeitsgericht neben dem Gesetzeswortlaut die Überlegung heran, dass diese Probezeit auch für den Arbeitnehmer gelte, er habe während der Probezeit ebenfalls die Möglichkeit, sich mit kurzer Frist vom Arbeitgeber zu trennen. Von besonderem Gewicht sei aber schließlich, dass nur eine am Wortlaut des § 622 Abs. 3 BGB orientierte Auslegung, die für beide Vertragsparteien gelte, die notwendige Rechtssicherheit erzeuge. Das Bundesarbeitsgericht zieht hier auch als Überlegung § 1 Abs. 1 des KSchG heran, der ebenfalls eine 6-monatige Frist kenne, bevor ein Arbeitsverhältnis in den geschützten Bereich des Kündigungsschutzgesetzes komme.

Das BAG stellt dabei klar, dass auch eine Überprüfung im Rahmen des § 307 BGB kein anderes Ergebnis erbringe, wenn man die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Allgemeine Geschäftsbedingungen einordne.

Hier finde nämlich kein Abweichen von der gesetzlichen Regelung statt, eine Inhaltskontrolle könne nicht stattfinden. Soweit der Arbeitnehmer weiter gerügt hatte, die vom Prokuristen unterschriebene Kündigungserklärung sei eigentlich gar nicht unterzeichnet, sondern nur abgezeichnet, folgt dem das Bundesarbeitsgericht ebenfalls nicht. Es hat dazu konkrete Feststellungen getroffen, insbesondere, dass die Unterschrift eine Länge von etwa 5 cm habe. Dies spreche gegen eine Paraphierung des Schriftsatzes. Ferner seien an eine Unterschrift nur geringe Anforderungen zu stellen. Diesen Anforderungen hat im konkreten Fall die Unterschrift genügt.

BAG, Urteil vom 24. Januar 2008, 8 AZR 519/07

 

Arbeitszeugnisse müssen branchenübliche Formulierungen enthalten

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit dem Zeugnisanspruch eines Zeitungsredakteurs zu befassen. Der Kläger war bei der Beklagten zehn Jahre als Tageszeitungsredakteur beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte unter anderem zur Erteilung eines Zeugnisses mit der Schulnote "zwei" verpflichtete. Der Kläger monierte, dass das daraufhin erstellte qualifizierte Zeugnis keine Angaben zur Belastbarkeit des Klägers in Stresssituationen enthielt. Der Kläger beanstandete das Zeugnis deshalb als lückenhaft und verlangte eine Ergänzung. Er wollte den Zusatz aufgenommen haben, dass er in Stresssituationen zuverlässig und effektiv arbeite. Er machte geltend, dass das Berufsbild des Zeitungsredakteurs äußerst stressbetont sei, einer Aussage zur Leistungsfähigkeit unter Stressbedingungen komme daher besondere Bedeutung zu. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen seine Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob das Bundesarbeitsgericht die Vorentscheidungen auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, es könne noch nicht abschließend entscheiden, ob die Beklagte das Zeugnis um die Aussage der Belastbarkeit des Klägers in Stresssituationen ergänzen müsse. Arbeitgeber müssten bei der Erstellung von Zeugnissen einerseits die Grundsätze der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit beachten, wonach das Zeugnis keine Formulierungen enthalten dürfe, die eine andere als die aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffe. Andererseits müsse das Zeugnis die Leistungen und das Sozialverhalten des Arbeitsnehmers bei wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben. Es könne branchenspezifisch durchaus vorkommen, dass das Zeugnis einen weiteren Inhalt haben müsse, der je nach Branche oder Berufsgruppe unterschiedlich sein kann. Lasse ein Zeugnis ohne sachliche Rechtfertigung solche branchenübliche Formulierungen aus, so kann hierin ein unzulässiges Geheimzeichen liegen und der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf entsprechende Ergänzung des Zeugnisses geltend machen. Dies müsse nun das Landesarbeitsgericht klären. Sollte sich dabei herausstellen, dass bei Tageszeitungsredakteuren im Zeugnis üblicherweise auch die Stressbelastbarkeit beschrieben sei, so habe der Kläger einen Zeugnisergänzungsanspruch.

BAG,Urteil vom 12. August 2008, 9 AZR 632/07

 

Betriebsrisiko in einem witterungsabhängigen Unternehmen

Vorwiegend in Betrieben der Baubranche kommt es immer wieder zu Streitfragen darüber, wer das Risiko von Wetterunbilden trägt.

Nach § 615 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung auch dann verlangen, wenn die Arbeit ausfällt und der Arbeitgeber das Risiko des Ausfalls trägt. In diesem Falle ist der Arbeitnehmer zur Nachleistung der Arbeit nicht verpflichtet. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er in dieser Zeit anderweitig verdient oder zu verdienen vorsätzlich unterlässt oder wegen des Arbeitsausfalls an Unkosten einspart.

Im entschiedenen Fall des Bundesarbeitsgerichts betrieb die Beklagte einen Zement- und Baustoffhandel, der Kläger war bei ihr als Lkw-Fahrer beschäftigt. Vertraglich vereinbart war ein Festlohn von € 1.300.-- monatlich für die Zeit von März bis November eines jeden Jahres. Für die übrigen Monate war nur die Auszahlung von zuvor "aufgesparter Vergütung" vorgesehen. Ende November lieferte der Kläger den Lkw bei der Beklagten ab, das Fahrzeug wurde abgemeldet und der Kläger mit dem Hinweis nach Hause geschickt, die Arbeit werde bei Bedarf, spätestens am 01. März 2008 wieder abgerufen. Der Kläger seinerseits macht die monatliche Vergütung von € 1.300.-- auch für die Monate geltend, in denen er nicht gearbeitet hat.

Das Bundesarbeitsgericht folgt ihm. Es lässt die Argumentation des Arbeitgebers nicht zu, dass der Betrieb im Winter witterungsbedingt regelmäßig zum Stillstand komme, weil eine wirksame Vereinbarung von Abrufarbeit nicht vorgelegen habe, auch sei wirksam das Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten nicht vereinbart worden. Das Bundesarbeitsgericht stellt ausdrücklich fest, dass nach § 615 BGB der Arbeitgeber das Risiko des witterungsbedingten Arbeitsausfalls trage. Diese gesetzliche Regelung könne nicht wirksam im Arbeitsvertrag abbedungen werden, mit der Folge, dass der Arbeitnehmer auch für die Zeit von November bis Februar Lohnansprüche hat.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 09. Juli 2008; 5 AZR 810/07

  

Kündigung eines Busfahrers wegen Entzuges der „betrieblichen Fahrerlaubnis" rechtswidrig

Ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen erteilte seinen Fahrern eine zusätzliche „betriebliche Fahrerlaubnis", die regelmäßig durch Kontrollen überprüft wurde.

Der Kläger war in diesem Unternehmen seit 1995 beschäftigt, sein Arbeitsvertrag enthielt einen Verweis auf eine „Dienstanweisung für den Fahrdienst", die auch den Besitz einer betrieblichen Fahrerlaubnis vorschrieb. Das Personennahverkehrsunternehmen führte am 22.11.2005 eine etwa einstündige Sonderbeobachtung des Klägers durch, bei der - vom Kläger teilweise bestritten - verschiedene straßenverkehrsrechtliche Verstöße festgestellt wurden. Der Kläger wurde zu dem Sachverhalt angehört und ihm dann von seinem Arbeitgeber diese betriebliche Fahrerlaubnis entzogen. Nach Anhörung des Betriebsrates erhielt der Kläger die Kündigung.

In der Kündigungsschutzklage war umstritten, wie der Arbeitgeber auf den Entzug der betrieblichen Fahrerlaubnis hätte reagieren sollen. Der Arbeitnehmer meint, man hätte ihn nachschulen müssen, er hätte aber weiter fahren dürfen, weil er weiterhin im Besitz der eigentlichen Fahrerlaubnis gewesen sei. Das Nahverkehrsunternehmen ging davon aus, dass es einen unzuverlässigen Fahrer nicht beschäftigen müsse und dürfe.

In allen Instanzen hatte der Fahrer Erfolg, das BAG führt aus, der Arbeitgeber könne durch den Entzug der betrieblichen Fahrerlaubnis nicht selbst die Gründe schaffen, die den Verlust des Arbeitsplatzes begründeten.

Kritik: Muss der Arbeitgeber tatsächlich sehenden Auges Gefahren seiner Kundschaft in Kauf nehmen und einen unzuverlässigen Fahrer einsetzen? Lesen Sie die Entscheidung nach (sobald sie veröffentlicht ist) und urteilen Sie selbst! BAG, Urteil vom 5.6.2008, 2 AZR 984/06

  

Marathonlauf trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit

Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte jetzt über die häufige Frage zu entscheiden, was ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer während der Krankheit an Freizeitaktivitäten unternehmen darf.

Ein Lagerist fiel auf dem Weg zur Arbeit vom Fahrrad und brach sich das Schulterblatt. Er war für mehr als einen Monat krank geschrieben. In dieser Zeit nahm er an zwei Marathonveranstaltungen teil, was den Arbeitgeber jeweils zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasste.

Der klagende Arbeitnehmer trug im Kündigungsschutzprozess vor, er sei seit seiner Jugend sportlich aktiv und laufe neben anderen sportlichen Aktivitäten mehr als 3000 km im Jahr.

Er habe sich vor der Teilnahme an den Läufen bei einem Arzt erkundigt, dass der Heilungsverlauf der Schulterverletzung durch diese Läufe nicht verzögert werde.

Das Arbeitsgericht Stuttgart gab den Kündigungsschutzklagen statt. Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer müsse sich zwar so verhalten, dass er bald wieder gesund werde und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren könne. Er habe alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Dies entspräche der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Hier aber führe die vorherige Konsultation des Arztes dazu, dass eine Pflichtwidrigkeit des Arbeitnehmers nicht festgestellt werden könne. Der Lagerist habe deshalb dem Arbeitgeber keinen Anlass zur Kündigung gegeben.

Die ausführlichen Entscheidungsgründe lohnen sich gelesen zu werden. Sie zeigen die Abwägung der beiderseitigen Interessen im Arbeitsverhältnis. Nicht jeder Krankgeschriebene muss also auch im Bett liegen.

ArbG Stuttgart, Urteil vom 22.3.2007, 9 Ca 475/06

 

 

Entgeltfortzahlung bei Freistellung des Arbeitnehmers

Beim Bundesarbeitsgericht stand die Frage der Auslegung eines Vergleiches im Kündigungsschutzprozess zur Entscheidung an. Dabei trafen die Parteien eine Regelung, wonach ein Ende des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde; gleichzeitig wurde der Arbeitnehmer unwiderruflich unter Fortzahlung seiner Bezüge und unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses war der Arbeitnehmer bereits mehr als 6 Wochen erkrankt. Der Arbeitnehmer behauptete unter Vorlage eines Wochen später ausgestellten Attestes, er sei unmittelbar nach dem Vergleichsabschluss gesundet und habe nach der Vergleichsformulierung einen unmittelbaren Anspruch auf Lohnzahlung.

Das BAG führt in seiner Entscheidung aus, dass die Formulierung „unter Fortzahlung“ keinen von der materiellen Rechtslage unabhängigen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber begründen sollte. Eine solche Schaffung einer Zahlungspflicht bedürfe einer ausdrücklichen Regelung. Es müsse durch die Instanzgerichte deshalb aufgeklärt werden, ob der Arbeitnehmer tatsächlich wieder gesund war.

BAG, Urteil vom 23.1.2008, 5 AZR 393/07

 

Kündigung leistungsschwacher Arbeitnehmer

Fehlerhafte Arbeit kann eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Eine Versandhausarbeiterin packte im Lager. Der Arbeitgeber stellte fest, dass von ihr verpackte Waren dreimal häufiger fehlerhaft waren als die Pakete ihrer Kolleginnen. Die Packerin hatte sich nach der Kündigung durch ihren Arbeitgeber darauf berufen, angesichts der Gesamtzahl der gepackten Waren falle die höhere Fehlerhäufigkeit gegenüber den Kolleginnen nicht ins Gewicht. Das Versandhaus hatte dagegen argumentiert, jeder Packfehler durch Kundenverwechslungen und fehlende Einzelteile führten bei den Kunden zu einem Imageverlust.

Die Instanzgerichte gaben der Packerin Recht, das BAG trat dem entgegen und führte aus, dass gerade eine über eine längere Zeit sich erstreckende Minderleistung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertige, zumal die Fehler jeweils auch zu vermeidbaren nicht unerheblichen Kosten führten.

BAG, Urteil vom 17.1.2008, 2 AZR 536/06

 

Kündigung per Fax

Während im übrigen Rechtsverkehr Willenserklärungen per Fax abgegeben werden können, ist eine solche Erklärung dort gefährlich, wo das Gesetz ausdrücklich die Schriftform vorschreibt. So auch im Arbeitsrecht, § 623 BGB.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz sprach dies jetzt ausdrücklich für eine Kündigung per Fax aus und erklärte eine solche Kündigung als unwirksam. Auch ein Einverständnis des Erklärungsempfängers kann diesen Gesetzesverstoß nicht heilen. Im entschiedenen Fall hatte eine Arbeitnehmerin selbst per Fax gekündigt und sich später selbst auf den Formmangel berufen. Das Landesarbeitsgericht führte aus, dass ein solches Berufen auf den Formmangel vorliegend nicht gegen Treu und Glauben verstoße, da der Arbeitgeber noch keine eigenen Dispositionen im Hinblick auf die Kündigung der Arbeitnehmerin getroffen habe.

Anzumerken ist, dass das Schriftformerfordernis des Gesetzes eine Warnfunktion erfüllt, aber auch der Rechtsklarheit dient.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.1.2008, 9 Sa 416/07

 

Praktikantenvergütung

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung, im Betrieb gilt zudem der Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Landesarbeitsgericht hatte jetzt die Gelegenheit, sich zu einer Praktikantenvergütung in Höhe von monatlich 375 € bei einer Beschäftigungsdauer von 6 Monaten zu äußern. Stehe der Ausbildungszweck nicht im Vordergrund, beurteilt das LAG eine so niedrige Vergütung als unangemessen und sittenwidrig. Dies sei daran festzumachen, ob der Praktikant über den Zeitraum von mehreren Monaten nur in einer Abteilung tätig sei und deshalb das Arbeitsverhältnis als normaler Arbeitnehmer überwiege. Das LAG billigte dem Praktikanten einen Stundenlohn von 10 € und damit ca. 1500,- € monatlich zu. Der Kläger sei kein Praktikant, weil ihm kein umfassender Überblick des Betriebes und der Arbeitsabläufe ermöglich werden sollte. Deshalb müsse statt der vereinbarten Vergütung eine angemessene Vergütung angesetzt werde.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 8.2.2008, 5 Sa 45/07

 

Kündigungsschutzklage

Das BAG hat in einer neuen Entscheidung die Anforderungen an eine Kündigungsschutzklage behandelt. Der Arbeitnehmer hatte sich erst in der Revisionsinstanz darauf berufen, dass im konkreten Arbeitsverhältnis eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein sollte. Dies hält das BAG für zu spät. Der Arbeitnehmer muss alle gegen die Kündigung sprechenden Gründe spätestens in der letzten Tatsacheninstanz (Landesarbeitsgericht) vortragen. Versäumt er solchen vollständigen Sachvortrag, kann er dies vor dem BAG nicht mehr tun. Der Prozessstoff muss vom Kläger möglichst schon erstinstanzlich vollständig vorgetragen werden, um keine prozessualen Nachteile zu erleiden.

BAG, Urteil vom 8.11.2007, 2 AZR 314/06

 

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