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Erbschaftssteuergesetz verstößt gegen Gemeinschaftsrecht Änderung der Rechtsprechung zur Berechnungsgrundlage für Pflichtteilsergänzungsansprüche Auslegung eines Bezugsrechts an Fondanteilen als Vermächtnis Keine Sittenwidrigkeit eines Behinderten-Testaments sowie eines Pflichtteilsverzichtsvertrages Anordnung von Testamentsvollstreckung kann Teilungsversteigerung eines Grundstücks ausschließen Vergleichstabelle: Erbschaftsteuer alt und neu
Erbschaftssteuergesetz verstößt gegen GemeinschaftsrechtDer Europäische Gerichtshof hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige, die seit mehr als 35 Jahren in den Niederlanden wohnt. Im Mai 2007 hatte sie ein bebautes Grundstück mit einem Steuerwert von rund 250.000,00 € von ihrer Mutter, die ebenfalls deutsche Staatsangehörige ist und seit mehr als 50 Jahren in den Niederlanden wohnt, geschenkt bekommen. Das Finanzamt setzte daraufhin eine Schenkungssteuer von rund 28.000,00 € fest, wobei es lediglich einen Freibetrag von 1.100,00 € zugrunde legte. Der Steuersatz sollte 11% betragen. Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung eines Freibetrages von 205.000,00 €, wie er für Schenkungen und Erbschaften von Kindern vorgesehen ist, wenn der Schenker oder der Erwerber zur Zeit der Ausführung der Schenkung seinen Wohnsitz im Inland habe. Das Finanzgericht setzte das Verfahren aus und legte es dem EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen vor, ob diese steuerlichen Regelungen den Vorschriften der EG über die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, die der Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit beeinträchtigt werde. Der EuGH sah ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Er führt aus, die Benachteiligung des Auslandswohnsitzes bewirke eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs in der EU, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Der vorliegende Sachverhalt sei keine rein innerstaatliche Situation. Es handele sich vielmehr um einen Vorgang, der dem Kapitalverkehr im Sinne des Artikel 56 Abs. 1 EG zuzurechnen sei. Indem der nationale Gesetzgeber Schenkungen an innerstaatliche Personen wie an im Ausland lebende Personen unterschiedlich im Bezug auf die Höhe des Freibetrages behandele, sonst aber gleich behandele, werde deutlich, dass eine unterschiedliche Handlung nicht gerechtfertigt sei. Die Regelung sei auch nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses objektiv gerechtfertigt mit der Folge, dass der EuGH die Europarechtswidrigkeit der Anwendung dieser Regelung feststellte. EuGH, Beschluss vom 22.04.2010, C-510/08
Änderung der Rechtsprechung zur Berechnungsgrundlage für Pflichtteilsergänzungsansprüche Der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich mit einer seit Schaffung des BGB umstrittenen Rechtsfrage neu befasst und seine bisherige Rechtsprechung geändert. Es ging um das Problem, was ein Pflichtteilsberechtigter als Ergänzung nach § 2325 Abs. 1 BGB verlangen kann, wenn der Erblasser die Todesfallleistung einer von ihm auf sein eigenes Leben abgeschlossenen Lebensversicherung mittels einer widerruflichen Bezugsrechtsbestimmung einem Dritten schenkweise zugewendet hat. Die bisherige Rechtsprechung, basierend auf einem Urteil des Reichsgerichts, knüpfte an die vom Erblasser gezahlten Prämien an und hielt diese für die Schenkung. Dies änderte der Bundesgerichtshof und will jetzt den Wert ansetzen, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten – juristischen – Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können. In der Regel sei dabei auf den Rückkaufswert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalles kann ggf. auch ein objektiv belegter höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein, insbesondere wenn der Erblasser die Ansprüche aus der Lebensversicherung zu einem höheren Preis an einen gewerblichen Ankäufer hätte verkaufen können. Dabei ist der objektive Marktwert aufgrund abstrakter und genereller Maßstäbe unter Zugrundelegung der konkreten Vertragsdaten des betreffenden Lebensvertrages festzustellen. Die schwindende persönliche Lebenserwartung des Erblassers dürfe aber aufgrund subjektiver und individueller Faktoren ebenso wenig wie ein fortschreitender Krankheitsverlauf bei der Wertermittlung nicht einfließen. Dies gelte auch für das nachträgliche Wissen, zu welchem Zeitpunkt der Erblasser tatsächlich verstorben sei. In den entschiedenen Fällen haben die Kläger jeweils als enterbte Söhne des Erblassers gegen die Erbenpflichtteilsansprüche geltend gemacht, die sie auf der Grundlage der ausbezahlten Versicherungsleistung berechnen wollten. Diese Todesfallleistung soll jedoch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht die Grundlage der ausgleichspflichtigen Schenkung sein, sondern im Regelfall der Rückkaufswert mit den oben genannten Ermittlungskriterien. Weil die Vorinstanzen hierfür keine geeigneten Grundlagen ermittelt hatten, wurde der Rechtstreit zurückverwiesen. Urteile vom 28.04.2010, IV ZR 230/08 und IV ZR 73/08
Auslegung eines Bezugsrechts an Fondanteilen als Vermächtnis Die Klägerin nimmt die beiden beklagten Töchter und Erbinnen eines 2003 verstorbenen Erblassers auf Übertragung von zum Nachlass gehörenden Fondanteilen in Anspruch. Ihre Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Der Erblasser hatte der Klägerin in seinem notariellen Testament aus dem Jahre 2002 die streitigen Fondanteile als Vermögensbestandteil aufgeführt, ihr nicht jedoch diese, sondern einen Geldbetrag von € 10.400.-- als Vermächtnis zugewandt. Auf einer Buchungsbestätigung der streitigen Anlagenfonds befindet sich ein vom Erblasser mit eigener Hand geschriebener Text "Ich wünsche, dass meine Lebensgefährtin ab meinem Todestag zu 100% bei meinen oben genanten Fonds bezugsberechtigt sein soll". Die Fondsgesellschaft teilte mit, dass eine Begründung eines Bezugsrechts nicht vorgesehen sei. Das Landgericht war nach Vernehmung von Zeugen und Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, der Erblasser habe sich zwar ernsthaft mit dem Gedanken befasst, der Klägerin die Fondanteile zu übertragen, sich aber zu einer solchen, letztwilligen Verfügung nicht entschließen können. Die Erklärung an die Fondgesellschaft sei als letztwillige Verfügung nicht ausreichend. Dem tritt der Bundesgerichtshof entgegen. Er führt aus, dass eine eigenhändig geschriebene Erklärung des Erblassers, seine Lebensgefährtin solle bei seinem Tod ein Bezugsrecht an einem bestimmten Fondanteil zustehen, als Vermächtnis ausgelegt werden könne. Der Bundesgerichthof setzt sich insofern konkret mit den erhobenen Zeugenaussagen auseinander und gibt dem Oberlandesgericht als Berufungsgericht Hinweise, unter denen es den Sachverhalt erneut zu würdigen habe. Der Bundesgerichtshof verweist insofern auf § 2084 BGB, wonach im Falle, dass eine letztwillige Verfügung verschiedene Auslegungen zulasse, im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen sei, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann. Er führt aus, dass das Berufungsgericht die festgestellten Tatsachen erneut würdigen solle, dabei müsse abgewogen werden, ob der Erblasser eine Zuwendung der Fondanteile an die Klägerin nach seinem Tod nicht nur erwogen habe, sondern durch die Erklärung gegenüber der Fondgesellschaft auch rechtlich verbindlich und endgültig festlegen wollte, so dass ggf. von einer Schenkung auszugehen sei. Falls das Berufungsgericht zum Ergebnis kommen sollte, dass der Erblasser eine Zuwendung der Fondanteile nach seinem Tod nicht zur erwogen habe, sondern durch die Erklärung gegenüber der Fondgesellschaft verbindlich und endgültig festlegen wollte und dass im Verhältnis zur Klägerin von einer Schenkung auszugehen sei, wird der Rechtsgedanke des § 284 BGB zu beachten sein. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2009, IV ZR 108/08
Keine Sittenwidrigkeit eines Behinderten-Testaments sowie eines Pflichtteilsverzichtsvertrages In einer nicht rechtskräftigen Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht Köln mit der Frage auseinander gesetzt, ob eine Verfügung von Todes wegen mit der Eltern eines behinderten Kindes, welches Sozialhilfe bezieht, dieses nur als Vorerben auf einen den Pflichtteil kaum übersteigenden Erbteil einsetzen und bei seinem Tod ein anderes Kind als Nacherben berufen (sogenanntes behinderten Testament) gegen die guten Sitten verstößt. Das Oberlandesgericht Köln hat dies verneint, allerdings die Revision zugelassen. Gleichzeitig ist in der Entscheidung ausgeführt worden, dass ein von einem behinderten Kind mit seinen Eltern lebzeitig abgeschlossener Pflichtteilsverzichtsvertrag auch im Falle des Bezuges von Sozialleistungen nicht sittenwidrig sei. Das Urteil ist auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Köln zu finden. OLG Köln, Urteil vom 09. Dezember 2009, 2 U 46/09
Anordnung von Testamentsvollstreckung kann Teilungsversteigerung eines Grundstücks ausschließen Der Bundesgerichtshof hat im Mai 2009 ein wichtiges Urteil für grundstücksbesitzende Erblasser verkündet. Verschiedene Beteiligte hatten im Jahre 2005 von ihrem verstorbenen Vater ein Grundstück zu gleichen Teilen geerbt. Die Erben wurden allerdings durch Anordnungen von Testamentsvollstreckung beschränkt. Der Testamentsvollstrecker war einer der Beteiligten. Nach dem Testament durfte das Grundstück nach dem Willen des Erblassers nicht verkauft werden, sondern sollte in einer Familienstiftung verbleiben. Das Grundbuch wurde entsprechend berichtigt und die Bestellung der Testamentsvollstreckung eingetragen. Einer der Beteiligten versuchte seinen Anspruch auf Auseinandersetzung zu pfänden, ließ diese Pfändung ins Grundbuch vermerken. Andere Beteiligte beantragten die Teilungsversteigerung des Grundstücks. Während das Amtsgericht dem Antrag stattgab, begründete das Landgericht seine Entscheidung, die Teilungsversteigerung nicht zuzulassen. Der Bundesgerichtshof schloss sich dem an. Er führt aus, dass BGB gewähre durch das Rechtsinstitut der Testamentsvollstreckung die Möglichkeit, den Willen des Erblassers über dessen Tod hinaus zu wahren. Die Anordnung habe gemäß § 2211 Abs. 1, § 2217 Abs. 1 BGB zur Folge, dass der oder die Erben über die zum Nachlass gehörenden Gegenstände nicht mehr verfügen können, bis die Testamentsvollstreckung beendet oder der Testamentsvollstrecker die jeweiligen Gegenstände frei gegeben hat. Der Bundesgerichtshof macht Rechtsauführungen dazu, dass der Versteigerungsantrag noch keine Verfügung über das Grundstück sei, der zu erwartende Zuschlag sei jedoch eine solche Verfügung, die nicht zulässig sei. Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung habe der Erblasser den Miterben die Befugnis zur Verfügung über die der Vollstreckung unterliegenden Bestandteile seines Nachlasses entzogen und so gegen die Verfügung der Miterben gesichert, die seinem Willen widersprächen. Deshalb könnten sie sich über diesen Willen des Erblassers nicht ohne die Zustimmung des Testamentsvollstreckers hinwegsetzen. Ein Anspruch eines Miterben auf ein solches Handeln des Testamentsvollstreckers komme nicht in Betracht, für die Gläubiger eines Miterben könne nichts anderes gelten. Fazit: Die Entscheidung des Bundesgerichtshof gibt wichtige Hinweise dazu, wie ein Erblasser das Auseinanderfallen seines Vermögens nach seinem Tod verhindern kann. Insofern gibt der Bundesgerichtshof mit der Testamentsvollstreckung einen sicheren Weg vor, Familienvermögen zusammen zu halten. Für die Beratung gilt: eine solche Anordnung der Testamentsvollstreckung sollte sorgfältig formuliert und wegen der Begehrlichkeiten der Erben widerspruchsfrei sich in das Testament einfügen. Eine anwaltliche Beratung erscheint notwendig. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2009, V ZB 176/08
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